4028 Der Werdegang eines Wüstlings
13:01. Ich sitze vorm goldenen Acker der Asta Gröting (*1961) in der Albertina modern, aber irgendwie – ich weiß nicht wie – unbequem. Der Acker ist ein Abguss eines realen Ackerstücks und beeindruckt mich irgendwie – wie weiß ich nicht – wie er so an der Wand hängt. Das 24-Karat-Gold auf Epoxidharz überstrahlt alles. Das entnehme ich dem Begleittext an der Wand. Ja, dort steht auch, dass das Stück so wie zu einer Sonne wird. Das kann ich nur unterschreiben! (Peter Rumpf eh). Diese schönen Risse und Schrunden im Material, die Wülste und Furchen und Ballen, Klumpen und Löcher. Bewegt und starr gleichzeitig. Wer war schnell der griechische König, dem alles, was er berührt, zu Gold wurde? Verdammt! Wo sind die Namen abgespeichert! Eine junge Frau in schwarzem Pulli macht sich gut vor der goldenen Schollen-Sonne. Midas! Er ist mir eingefallen, gerade als ich ihn googeln wollte; so konnte ich gleich mit Namen googeln (habe meinem Gedächtnis mit der Googledrohung auf die Sprünge geholfen). Midas! Ja, Midas. Wie das? Mir das!
Jetzt sitze ich vor ein paar Baselitzen, den unheimlichen Immendorff nur ein, zwei Meter hinter mir im Rücken, wo es auch viel zu schauen gäbe, aber dazu bin ich noch nicht bereit, wiewohl die Bank für den Immendorff dazustehen scheint. Mir ist aber die weite Distanz zu den Baselisk- … äh Baselitzen schon recht. So ganz fahre ich da auch nicht ab, obwohl sie mir in meinen Augen in ihrem malerischen Duktus angenehmer sind. Sei es wie es sei, ich drehe mich jetzt zum Immendorff um, weil ich beim Hergehen im Bild einen schön gemalten Weiberarsch gesehen habe. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, dass ich mich so leicht verführen lasse. Aber jetzt drehe ich mich auf der Bank um. (Das gibt es nicht: er hat im Museum immer Immenhoff gelesen und notiert, als würde er den nicht kennen! Was ist mit seinem Gedächtnis los? - der Tipper.)
Sooo schön gemalt ist der Weiberarsch auch wieder nicht, aber doch recht gut. Eigentlich sollte ich das Wimmelbild lieben, und auch die Wortspielerei (Selbstporträt als Biene?). Einzelne Stellen gefallen mir sehr, aber das Comicfigurhafte mag ich nicht. Dagegen habe ich seit meiner Kindheit eine emotionale Aversion. Vielleicht muß ich meine Meinung bezüglich Immendorff ändern? (vielleicht auch nicht – der innere Spötter). Ah! Noch ein Weiberarsch in durchsichtigem Kleid! Und hi-hi-hinten im Bild gibt es einen nackten Busen. Der Trick der gelb konturierten Figuren ist natürlich auch nicht schlecht. Ist der eine aus der „Streichholzschachtel“ der Sartre? Und der andere Freud? Und der dritte? Kommt mir bekannt vor. Vielleicht liege ich ganz falsch. Der Werdegang eines Wüstlings heißt das Bild. Schon beeindruckend gemalt, zumindest für mich. Der dritte ist Habermas? Was weiß ich! Zu sehen und zu entdecken gibt es unglaublich viel. Ich stoße mich an dem, was comichaft wird. Ich mein’, die Barhocker sind schon toll gemalt. Ich entdecke eine nackte Kellnerin ganz hinten im Bildhintergrund. Der Bühnenmann ist schon gut gemalt und gefällt mir auch in den Farben.
Ich hatte mir vorgenommen, viele Stunden hier zu verbringen, auch wenn es schwer wird. Und weil ich schon ahnte, dass ich das nicht schaffen werde, dass ich dann wenigsten in einem Park oder sonst wo auf einer Bank ein paar Stunden verbringe, aber es geht nicht! Es geht nicht! Wenn die Eindrücke zu viel werden, ist es aus und ich muß nach Haus.
(14.4.2025)
Peter Alois Rumpf April 2025 peteraloisrumpf@gmail.com