Freitag, 27. September 2024

3787 Sitting on the ...

 



13:01. Also eindeutig 1 Uhr. Cappuccino Nummer 2. Soul aus den Boxen und Verwandtes. Auch Otis Reddings Sitting on the Dock of the Bay. (Beim Hereinkommen habe ich sogar etwas mitgesungen und mitgesummt. Die Kellnerin hat mich gleich freundlich erstaunt angeschaut.) Ich sitze im Espresso Burggasse auf meinem Lieblingsplatz drinnen und schaue von Zeit zu Zeit zum großen Fenster hinaus. Dort im Schanigarten vor Platanen und Sträuchern sitzen sie einfach da und watchen die Gezeiten von Verkehr und Leben und wasten ihre Zeit … wie ich es herinnen mache. Das ist in meinem Alter wahnsinnig! Echt wahnsinnig! Ich bin nicht unsterblich, meine Zeit ist befristet und mein Zeitguthaben vermutlich schon klein. (Auch der Pilotstift spinnt. Aber Spucke auf den Spitz platziert hat einigermaßen funktioniert.)

Wenn ich zum Fenster hinausschaue, kommt mir der auf einem Holzplateau höher gestellte Schanigarten wie eine Bühne vor, auf der irgendsoein modernes, avantgardistisch-existentialistisches Theaterstück aus dem vorigen Jahrhundert spielt, wo die Schauspieler draußen auf der Bühne Theaterpublikum spielen und ich herinnen als einziges Publikum der überrumpelte Schauspieler bin. Das „Existentialistische“ verstärkend kommt hinzu, dass die Scheiben der großen Fenster anlässlich 20 Jahre Espresso Burggasse mit Photos aus dieser Zeit beklebt sind, sodass ich die Körper der „Schauspieler“ draußen nur vom Hals abwärts sehen kann, hauptsächlich Hand- und Fußbewegungen ohne Akustik (und die stadteinwärts fahrenden Autos der Burggasse hinter dem Laub der Bäume und Sträucher als Farbflecken vorbeirauschen; mit Ton). Die Versuche, die hellen Fusseln auf meinem schwarzen T-Shirt mit der Aufschrift fragwürdig wegzuwischen, scheitern, denn die haften an und lassen sich nicht vertreiben. Sei’s drum! Wer bin ich, dass ich mich gegen den Willen der Götter auflehnen und behaupten kann? Übergang von Soul zu Italopop. Die Köchin macht eine Pause und raucht draußen eine Zigarette. Ist es Zeit zu gehen? Ich möchte den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen. Das Lied gerade affiziert mich (gezierter Affe – der innere Spötter). Plötzlich ist es im ersten Raum, wo ich sitze, voll von herumstehenden und herumgehenden Leuten – ich wußte ja, die wirkliche Bühne ist hier. Mir ist es ein wenig unangenehm, bei einem Stück unabgesprochen mitzuspielen, das ich nicht verstehe und nicht kenne. Ich fürchte Überraschungen. Ich bin zu kompliziert für die Welt. Das wird mir auch im Jenseits nicht verziehen werden.


(26.9.2024)


©Peter Alois Rumpf September 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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