Dienstag, 17. September 2024

3777 Der Gehsteig breit genug

 



11:31 a.m. Ein Cover eines alten Red-Hot-Chili-Peppers-Hits aus den Boxen (ist das schon automatic writing? - der innere Spötter – weil: er hat keine Ahnung, was er schreiben will, hat nichts zu sagen, keine Botschaft, keine Mission, schlägt das Notizbuch auf – weiß immer noch nicht, was er schreiben soll, mag, kann, darf, muß, will und beginnt einfach – mit irgendwas). Ein Cover von The Smiths – oder doch kein Cover? Eine andere Version? Egal! Die Sonne scheint. Ein Cover von Simon & Garfunkel. Alle Covers scheinen verlangsamt, was nicht schlecht kommt. Und die Instrumentierung orchestral. Oder meine Ohren sind am Zusammenklappen. Oder mein Gehirn ist endgültig versulzt und verfremdet den Input der Sinne aus den äußeren Welten. Was will ich noch im Leben? Eine ruhige Kugel an einem ruhigen Ort in ordentlichem Wohlstand schieben? Die Gläser und Tassen klirren, die Schallwellen schwirren, meine Ohren sirren, die Spiegelungen flirren, ich kann mich irren. Was heißt eigentlich „kirren“? Bin ich dabei, meinen Verstand zu verlirren? Zurück vom Nonsens zum Nichts. Jetzt die Kinks, anscheinend original. Zu Hause halte ich es zur Zeit nicht aus. „Nichts“ klingt edler als „Scheitern“. “Scheitern“ klingt eindeutig edler als „Versagen“. Klingt „Versagen“ besser als … Scheiße! Die Musik wird fad und ich spüre die Schallwellen auf meine Trommelfelle auftreffen. Lesen wir eine zweite Zeitung. Zu Hause schmeckt mir kein Kaffee mehr, auch keiner meiner Tees.

(Nicht nur die „Kleine“, sondern auch den „Falter“ durchgeblättert.) Draußen im Gärtlein lachen sie weiblich. Jetzt beginnt auch hier das Sich-nicht-in-meiner-Haut-Wohlfühlen. Ein Ortswechsel kündigt sich an. Ein Hautwechsel wäre besser. Nein, der würde nicht reichen. Ein Wechsel meiner „Person“. Ach, das ist ja wieder bloß die Maske. Die Musik ist auch unerträglich geworden. Wie wäre es mit heimfahren und Texte eintippen? Seit längerem lasse ich alle Texte liegen; momentan finde ich meine Texte Scheiße (auch dank des Literaturkritikers Ernst Katz (er hat ja so recht!!!)) (Ich mußte mich zum Eintippen regelrecht zwingen – der Tipper). Ein remixter Cat Stevens. Ja, das ist die Lösung! Alle Musik hier and nunc ist Remixerei! Mir scheinen die Tränen zu kommen, aber sie kommen nicht. Warum auch sollten sie kommen? Bei mir gibt es nichts zu holen. Zu Hause wartet die beschissene, wochenlange Fensterbaustelle. Ich brauche Fensterschutz! Wird da ein Tablett mit Kresse vorbeigetragen und in die Auslage gestellt? Erlöse doch dich und deine LeserInnen! Auch heute geht mir der Soul auf die Nerven. Anscheinend stecke ich im weißen, europäischen, romantischen Selbstmitleid-Weltschmerzgetue fest. Ein Kind draußen weint wirklich. Velvet Underground warte ich noch ab; auch gecovert und remixt. Das sind doch alles so DJ-Mischungen! Das könnt sein. DJ-Mischung! – das sollte ich mir genauer anschauen, auch auf mich selbst bezogen (diesen ganzen Assoziations- und Gedankengang (wenn sie denn in der Lage sind aufrecht zu gehen – der innere Spötter) ist mir zu mühsam zu rekonstruieren und zu erläutern). Notizbuch zuklappen und ab nach Hause! Aber sofort! Das ist ein Befehl! Du!!!

Auf dem Rückweg zu Fuß (da mache ich mir die Hoffnung, meine Depression aktiv hinausgehen (tansitiv!) zu können) sehe ich den Bus „1A Stephansplatz“. Frage: Wie schaut dann der „2B Stephansplatz" aus? (Wie ich am Trottoir stehen bleibe und stehend in das Notizbuch notiere, werde ich von Passantinnen angerempelt. Dabei ist der Gehsteig breit genug.)


(17.9.2024)


©Peter Alois Rumpf September 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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