Montag, 23. September 2024

3781 Hātarei

 



8:02 a.m. Die Sonne scheint beim Fenster herein und eine Taube fliegt vom hässlichen Balkon gegenüber auf, ein Motorrad fährt um die Kurve, ein Flugzeug heult irgendwo am Himmel, eine Autotür fällt diesmal sanft zu. Meine Augen jucken und mein Gehirn ist noch nicht ganz wach. Aber meine Ohren surren schon und noch in höchsten Tönen. Irgendwelche Leute sprechen unten in den Häuserschluchten; die Schallwellen kommen mit Hall heroben an. Autos gibt es auch, ich würde heute sagen: sie brummen (an der Kreuzung müssen sie alle vom Tempo runter). Jetzt ist es ganz ruhig, sodass die Stille ganz laut werden kann. Ein Schatten huscht über die sonnigen Fensterscheiben. Es zieht ganz leicht in meinem linken Arm, deswegen fällt mir jetzt auf, wie verkrampft der das Notizbuch hält. Eine Krähe ruft. Die Geräusche der fahrenden Autos sind sehr rätselhaft in ihrer Vielschichtigkeit (Motor, Räder-Asphalt-Anhaftung, Luftverdrängung …). Nun höre ich rollende Koffer, in der Morgenstille erstaunlich laut. Allmählich bin ich bereit aufzustehen.

12:25. Was sehe ich hier? Eine Einbahn, die nach links weist; eine Ameise auf der Sitzbank; einen schwachen Schatten meines rechten Schuhs inmitten dessen des großen Baumes vor mir in der kleinen, eingezäunten und nicht mehr öffentlich zugänglichen Grünfläche des neueren Gemeindebaus. Viele Autos, die ich ignoriere, parkende und einige fahrende (hier müssen sie alle langsam sein), Sonnenlicht auf Hausfassaden, besonders eindrucksvoll auf der gelb gestrichenen Erdgeschossfassade des Hauses schräg links von mir. Einzelne Passanten. Mistkübeln. Sogar ein blühender Strauch. Schatten von Vögeln, die über die Hauswände huschen. In der Ferne hinter dem Augarten zwei über den Baumbestand hinaus ragende Häuser (die Gasse gibt nur einen schmalen Durchblick frei). Ein offenes, aber vergittertes Fenster im Schatten im Erdgeschoss rechts, in dem eine grau-weiße Katze sitzt (mein schwarzer Pilotstift fängt zu kratzen an, vielleicht drücke ich zu fest auf). Eine kleine Österreichflagge in ein Blumenkisterl am Fenster gesteckt, was in Zeiten wie diesen bei mir Bedenken auslöst (der schwarze Pilotstift hat seinen Geist aufgegeben, obwohl er noch viel Tinte hat; das feine Röhrchen, das die Tinte und das Kugelschreiberkügelchen enthält, ist über die Spitze hinaus gerutscht und kratzt nun das Papier und kann keine Farbe auftragen. Das passiert mit diesen Stiften öfters). Samstagblues. (Hātarei heißt der Samstag im modernen Māori.)


(21.9.2024)


©Peter Alois Rumpf September 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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