Samstag, 24. August 2024

3752 Wiederholungen

 



11:59 a.m. Eine Minute noch bis zum – falschen! (Sommerzeit!) – Tageszenit. Dabei dachte ich – seit einer Woche habe ich nichts mehr schreiben können oder wollen – ob nicht wollen oder nicht können, weiß ich selber nicht – ich könnte nicht mehr schreiben, dabei geht es jetzt gleich los, als wäre das Zurückgestaute via Dammbruch losgelassen – aber ist das interessant genug um aufgeschrieben zu werden? Egal, das ist in meinem Leben längst egal. Ich weiß schon, dass ich – auch in meiner Schreiberei – als Karikatur meiner selbst herumlaufe. Ich sitze im geliebten Espresso Burggasse – drinnen, nicht draußen – die Musik wie aus meiner Jugend – so späte Sechzigerjahre – zwischen freudiger Wiedererkennung der damaligen Radioberieselung – und auf Dauer doch ein Touch von Nervigkeit, weil es nicht meine Lieblingsmusik von damals ist, sondern mehr die Mainstream-Endorphin-Radiomusik um – wenn ich mich nicht irre – 11 Uhr an den faden Ferienvormittagen. Damals wußte ich nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll und – eigentlich – kann, und heute auch nicht. Meine Hoffnungen und Sehnsüchte waren damals, wenn auch teilweise alterstypisch, unreif und letzteres sind sie – kaum verändert – heute erst recht. Dass ich das aufschreibe, kommt mir wie eine Niederlage vor, weil ich im Anlauf, mein Leben zu ändern, wieder einmal gescheitert bin und mir stattdessen nur das resignierte Schreibgejammer geblieben ist, was in meinem Mund einen unangenehmen Nachgeschmack hinterläßt. Gut, vielleicht auch vom vielen Kaffee und den mitservierten, überzuckerten Schnittenstückchen.

„Ich bin gerade in einem Gespräch“ steht mit bereits sich ablösender Schrift auf meinem T-Shirt, aber dieses Gespräch ist das unendlich langweilige, schon Jahrhunderte anhaltende, unfruchtbare Selbstgespräch, diese dummen Wiederholungen des dummen internalisierten Dialogs, der mit mir in meiner Kindheit, als die Welt für mich fest und zu dem geworden ist, was sie leider immer noch ist, geführt wurde. Mir ist der Ausbruch aus diesem Gefängnis nicht gelungen. Also versuche ich, mich irgendwie darin einzurichten, ohne zu vergessen, dass es ein Gefängnis ist. Der Deckenventilator dreht sich still, draußen im begrünten Gastgartenstreifen neben der Straße schaukelt der Wind die Zweige der Platane, die Kellner arbeiten fleißig und ohne sichtbaren Grant, im Gegenteil, sie wirken fast fröhlich. (Ich bin ein Meister des „fast“, aber so ist es: die Wirklichkeit kommt mir immer nur „fast“ vor: fast so, fast zutreffend, fast verloren, fast wirklich.) Ich habe es auch „fast“ aufgegeben, mit meiner Schreiberei irgendwo zu reüssieren, sprich: sie außerhalb meiner Schublade zu veröffentlichen – die Zweifel sind zu groß, zu groß die Resignation und zu groß auch die Angst vor Mißerfolg und Erfolg. Nein, ich bleibe dabei: ich schreibe ein bißchen über den Wind, den Kaffee und meine inneren Monologe, that’s it.

Jetzt, nach mehr als ausreichender Zeitungslektüre – ungewohnt ausführlich – befällt mich schon das typische geistig-seelische Unbehagen, fast schon körperlich spürbar, typisch nach Überfütterung mit zumeist unnötiger (unnotwendig – wendet die Not nicht), letztlich sinnloser und verwirrender Information – meine Verarbeitung kommt nicht nach - und die ersten Fluchtimpulse melden sich. Nachgeben oder standhalten, das ist die Frage. Manchmal sind es ja die überstandenen Momente der Überforderung, die Türöffner für neue Erfahrungen sind (beim Kaffeehaussitzen! - der innere Spötter). Mein Unbehagen kulminiert (na und!? - der innere Spötter). Ha, ha, ich gehe heim in meine Kemenate. Ach! Da bin ich zurzeit ja exiliert – renovierungstechnisch. Wurscht!


(22.8.2024)


©Peter Alois Rumpf August 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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