Freitag, 9. Februar 2024

3558 Das auch noch

 



9:03 a.m. Ich blicke ganz ruhig und locker in meine dämmrige Bedeutungslosigkeit; will sagen: die Rollo ist noch herunten und die Gesellschaft braucht nichts von mir. Ich schreibe ja eigentlich ins Nichts hinein. Aber hier und jetzt macht es mir nichts aus. Schließlich habe ich mein Zimmerchen mit mehr oder weniger ernst gemeinten Bedeutungen zum Beispiel via Kunstkarten aufgetakelt. Oder mit eigenen Bildern oder mit Zeichnungen und Objekten – und die bedeuten mir wirklich etwas – meiner Kinder. Es gibt bei mir fast nie ein Aufwachen mit der vibrierenden Erregung dessen, der etwas Wichtiges vorhat und etwas an und in der Welt gestalten wird, eines, der sich freut mit und in der Welt zu arbeiten und in Kontakt zu kommen (das „labora“ in „ora et labora“; vgl. auch Freud: die beiden Eckpfeiler des Glücks: Liebe und Arbeit). Meine Herausforderung ist es nun, das Fehlen einer gesellschaftlichen Resonanz auszuhalten und daran nicht irre zu werden, dass meine Beiträge für die Welt niemanden interessieren und nicht nachgefragt werden („fast niemand interessiert“ wäre richtiger; aber der Autor meint, nur „niemand“ klänge inhaltsschwerer, absoluter, tragischer und interessanter – der innere Korrektor). Also wache ich nicht auf und freue mich auf das, was ich vorhabe. Ich bin gar nicht so leicht und einfach in der Lage, etwas vorzuhaben, weil es überhaupt keine Resonanz gibt (siehe oben – der innere Korrektor). Ich rufe in die Menschenwelt hinein und es gibt keine Antwort. Es findet kein Austausch statt. Ich schreibe nur Flaschenpost, die wahrscheinlich nie ankommt. Ach, wie gern würde ich mein Wissen, meine Erkenntnisse – so bescheiden sie auch sein mögen – meine Träume, meine Lieben (Musik zum Beispiel), meine Ideen, meine Vermutungen, meine Forschungsergebnisse, meine Spekulationen, meine Überlegungen (und Unterlegungen – der innere Spötter), meine Visionen, meine Hoffnungen mit anderen teilen! (Gottseidank hat er nicht geschrieben: „.. und die Welt hat ihn nicht erkannt!“ - der innere Spötter.) Damit muß ich leben, und damit werde ich sterben müssen, was noch schwerer ist, wenn man beim Abschied auf kein Werk, kein Ergebnis zurückblicken kann. Ich blicke auf meinen Pilotstift und drehe ihn in meiner Hand und zupfe das Strichcodepickerl diesmal nicht herunter. Es ist ja auch völlig egal. Also blicke ich bloß stumm im Zimmerchen herum. Dafür rede ich auch mit Gegenständen und entschuldige mich etwa beim Holzraben, der am Fenster hängt, weil ich ihn beim Öffnen der Fensterflügel weghalten muß und dabei oft an ihn stoße oder ihn an die Fensterscheibe, oder bei der Badezimmerlampe, weil ich nach dem Verlassen des Badezimmers das Licht abgedreht, jedoch etwas vergessen habe und wieder ins Bad gehen und das Licht aufdrehen muß und so mit dieser ständigen Auf- und Abdreherei die Lampe ihrem Exit näher bringe, oder beim Pilotstift vorhin, weil ich das Pickerl nicht entfernt habe – wobei ich gleichzeitig unsicher bin, ob der Pilotstift sein Pickerl liebe drauf oder weg haben möchte. Das auch noch!


(9.2.2024)


©Peter Alois Rumpf Februar 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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