Mittwoch, 7. Februar 2024

3555 Ich schlucke

 



7:50 a.m. Ich schlucke, aber der leichte, juckende Druck im linken Ohr geht nicht weg. Im Lichtschacht heult die Klimaanlage oder was das ist und mein eigenes Surren ist heute sehr spitz und schrill und besonders linkslastig. In meinem Bauch gluckert es. Ich warte noch auf die Heizung, die bald anspringen sollte, dann schreibe ich über etwas anderes als die Geräuschkulisse. Ah! Jetzt startet die Heizung: im Heizkörper gurgelt es los. Ich versuche aus all den Geräuschen herauszuhören, ob alles okay ist, speziell mit der Heizung.

Jetzt wechsle ich das Thema. Teuerung? Dass Miete, Betriebskosten, speziell das Heizen, der gesamte Lebensunterhalt teurer und teurer wird? Ich bekenne, dass ich entschieden gegen die Teuerung bin. Mehr will ich dazu gar nicht sagen, denn das ist mir viel zu kompliziert. Nicht die Sache selbst, aber die Diskussion darüber. In der Sache selbst ist doch klar, dass ein Klassenkampf von oben gegen unten stattfindet und immer mehr Vermögen und Arbeitsertrag nach oben zu den Reichen verschoben wird. Trotzdem: das Thema mag ich nicht so.

Wie wäre es mit den Themen Auferstehung von den Toten und Himmelfahrt? Ja, da springe ich an und für sich gerne an, aber dazu habe ich schon genug geschrieben und in meinen Texten eingestreut. Wird anscheinend nicht gern gelesen. Mag ich jetzt auch nicht nochmals darauf eingehen.

Könnte es sein, dass ich nichts zu sagen habe? Bestenfalls nicht mehr?


8:49 a.m. Und? Jetzt? Immer noch nichts?


10:11 a.m. Ich stehe mitten im Zimmer und sehe alles anders; ein wenig nur, aber anders: das Fenster ist so weiß und die Wände auch, wo sie nicht verstellt oder behängt sind. Dieses Weiß beim Fenster, das auch von draußen hereinkommt, sehe ich hier zum ersten Mal. Auch die am Schreibtisch herumliegenden unbeschriebenen, unbedruckten Papierblätter: so erstaunlich weiß.


15:50. Ich sitze auf einer Bank im Freien und schaue exakt nach Osten (ziemlich exakt). Es ist warm und lau. Der Himmel ist bewölkt. Krähen rufen, Motorsägen heulen, eine Schaufel klopft auf Asphalt, wenn es nicht eine Kelle ist, von der der Mörtel abgeklopft wird – ich sehe das von hier nicht. Ein SUV (ich hasse schon die großgeschriebene Buchstabenkombination; erst recht die von allen erwartete Aussprache als einzelne englische Buchstaben: esjuwii) läßt den Motor laufen. Das Einbahnschild vor mir zeigt nach links. Der Supermarkt, wo ich bald einkaufen werde (sogottwill), ist zwanzig Meter vor mir, höchstens. Die Straße, gerade noch voller Passanten, leert sich und der Suv fährt weg. Es ist jetzt ruhig hier und Wind kommt auf. Jetzt fahren wieder einige Autos herein und machen viel Lärm. An einer Stelle habe ich einen guten Ausblick über den Augarten hinüber in den zwanzigsten Bezirk. Die Häuser in der Gassen stehen alle so erstaunlich brav da, eines nach dem andern, in einer geschlossenen Reihe, keines schert aus, keines ist ungehorsam. Beginnt es zu tröpfeln? Es wird auch gehämmert. Türen schlagen zu. Auch ferner Verkehrslärm. Wieder eine Windböe, diesmal heftiger, reißt an den Blättern meines Notizbuches und an den kahlen Ästen der zwei großen Bäume in der kleinen Grünfläche vor mir. Ein Kleinkind ruft etwas,ich verstehe es nicht. Seine Mutter hat es verstanden. Schuhe schleifen über den Asphalt. Ich verschreib mich schon wieder mehrmals.


(7.2.2024)


©Peter Alois Rumpf Februar 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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