Dienstag, 6. Februar 2024

3554 Kilimandscharo

 



13:54. Bei Werefkins Nachtschwärmer entdecke ich zum ersten Mal die kleine Stadt weit im Hintergrund. Die Kälte hat alles im Griff. „In Dresden, da geht ja die Elbe so still, und die Stadt fließt so träge vorbei …“. Der Himmel über Dresden: im Sturm? Mein Kopf: wie benebelt. Mein Geist: unkonzentriert. Ach London! (heute werfe ich nur kurze Blicke hin.) Die Rast beim depperten Kardinal, den ich nicht ausstehen kann – wird photographisch dokumentiert und aufs Eigendünkelalbum hochgeladen. Ich freue mich schon auf den Klee gleich jetzt, wenn ich weitergehe. Und bei Motesiczkys Arbeiter raste ich wieder. Meine Brillen passen nicht mehr; ich finde nicht die richtige Distanz für die Bildbetrachtung. Nacken- und Kopfweh, nicht schlimm, aber lästig. Schwindelgefühle (besonders bei Stiegen abwärts) – bitte wieso! Gibt’s denn das? Ich konzentriere mich auf den freundlichen Arbeiter, aber die windige Unruhe geht nicht weg (schade, dass der Kröpfelweg nicht ausgestellt wird). Ich untersuche den Schatten des Arbeiters und seines Sessels. Wieso ist es hinter ihm so hell? Ich liebe auch dieses Bild, obwohl ich es heute irgendwie anders sehe: abstrakter, mehr von oben, räumlicher, geometrischer, ich weiß nicht … (die junge Wächterin schaut auf ihre Fingernägel). Weiter! (als hätte ich es eilig!) Rast beim blauen Papierdrachen von Chagall; das einzige Bild hier von ihm, das ich wirklich mag. Soll ich weitergehen? Müde bin ich und doch ganz unruhig. Warum fällt mir jetzt der Kilimandscharo ein? Muß ich mir um meinen Geist Sorgen machen? (ich meine: mehr als sonst?) Ich probier’s weiterhin mit kokettieren mit der inneren Verwirrung. Rast (wer rastet der rostet) bei den bladen Sphinxen. Ich beende meine unglückliche Mission (für den Kopf mißlungen, die Seele hat’s vielleicht ernährt). Ah, ist mir öd! Und alles überdrüssig! Aber sicher nicht wegen der Albertina. In mir ist etwas aus den Fugen geraten. Das Wetter? Setzt mir das zu? Ich höre auch hier herinnen den Sturm heulen. Gerne würde ich mitheulen. Acedia. Ich gehe. Auf der Straße werde ich beinah auf die andere Seite geweht. Die Wolken sind eigenartig und die Sonne … ich weiß nicht … sie leuchtet so behindert, stumpf, lustlos, müde, ausgelaugt … Meine Nervösität wie vor einem Bombenangriff. Immerhin bin ich am Hinweg wegen Absperrungen anders als den gewohnten Weg gegangen: immerhin ein etwas anderer Input für mein Bewußtsein, immerhin. Die hellerleuchteten Tunnels der Opernpassage, voll von Menschen, auch eigenartig, nichts passt; trotzdem verneige ich mich kurz beim Stern vom Bela Bartok. Das Licht im Freien so trüb, erschlagen, gelangweilt. Vom Schacht der Station Stadtpark schaue ich hinauf und sehe die kahlen Bäume ihre Äste in dieses trübe Grau strecken. Ich denke an einen jahrealten Dialog mit meiner Frau und muß/darf/kann/soll lächeln.


(6.2.2023)


©Peter Alois Rumpf Februar 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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