Dienstag, 29. August 2023

3370 Ich schreibe

 



9:35 a.m. Selbst vorm Aufwachen spürte ich mein Kreuz schmerzen bis in den Traum hinein. Aufgewacht bin ich mit ausgetrockneter Kehle. Die unmittelbar zurechtgemachten Sätze (ποιέω – machen, schichten …) hat es mir am Klo und beim Wassertrinken weggeschwemmt. Ich suche sie vergeblich. Ich stocke, weil ich diese ersten Sätze, frisch aus dem Schlaf – deswegen vielleicht sozusagen weissagend - und gleich nach dem Aufwachen mühsam in Gedanken formuliert, nicht aufgeben will. Die Mühe ist vergeblich; sie sind weg. Frustriert schaue ich mich im Zimmer um. Nichts besonderes fällt mir auf (ach verdammt! Jetzt geht es wieder los: schreibe ich „besonderes“ klein, wie ich es früher immer getan habe, oder werde ich mich dann beim Eintippen von der beschissenen Autokorrektur einschüchtern lassen, wie es in letzter Zeit der Fall war? Früher war ich mir in meinem Sprachgefühl sicher, dass die Kleinschreibung von „besonderes“ richtig und angemessen ist, weil das Subjekt des Satzes „Nichts“ ist, das dann spezifiziert wird als „besonderes“, aber inzwischen bin ich mir in meinem Empfinden unsicher geworden, in meinem Grammatikwissen bin ich es sowieso. Wenn ich mir den Satz vorsage, ist mein Sprachempfinden – also das, was mehr von innen kommt als von der offiziellen Rechtschreibung – inzwischen kontaminiert und verwirrt … Oh Gott! Ich höre wieder Motorsägen! Werden in unserem Hof wieder Bäume beschnitten? Ich bin höchst alarmiert (darf man das sagen, wenn man keine Waffen hat?). Dabei bin ich auch gegenüber dieser Logik der Motorsägen machtlos. Diese Scheiß Motorsäge hat mir den Text abgeschnitten).

(Dahinter stecken wohl der Schmerz über die seelischen Beschneidungen meiner Kindheit, die mir mein in mir angelegtes Potential zurückgestutzt haben, bevor es sich richtig entfalten konnte und die Angst, die ich damals erlebt haben mußte.)

Jetzt, später, nach meinem Frühstück und einer längeren Lektüre stelle ich wieder fest: ich kann dem Gelesenen nicht wirklich folgen. Ich verschlinge den Text, versetze meine Geist in Erregung, aber wenn ich das Buch weglege, merke ich: es ist fast nichts im Bewußtsein verblieben. Ich verstehe das geschilderte Geschehen nicht, wie ein kleines Kind die Welt der Erwachsenen nicht versteht und bloß so ungefähr mittut. Ich hänge als ein Fremdkörper und als fremde Seele in dieser euren Welt.

(29.8.2023)

Peter Alois Rumpf August 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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