Donnerstag, 20. Juli 2023

3297 Fugat mocavium

 



0:06 a.m. Weil mir nichts zu schreiben einfällt, entkrampfe ich meine ständig verkrampfte linke Hand. Auf diese Idee gebracht hat mich ein leises Stechen und Ziehen in der Herzgegend, das mir aufgefallen ist, weil ich an den Termin heute/morgen am Nachmittag beim Kardiologen gedacht hatte. Routineuntersuchung. Sonst gibt es nichts zu berichten, als vom üblichen Ohrengesurre, wie immer wenn es still ist. Es ist still und mein kleines Zimmer steht stumm und fest da, nichts klirrt. Ich bin noch bei der 1934er Lektüre und habe die damals zerschossenen Häuser im Kopf und bin etwas beunruhigt. Meinen bequemen Unterschlupf will ich nicht verlieren. Ich muß jetzt – für alle zukünftigen Texte – ein Kürzel, eine Tarnbezeichnung für folgendes Geschehen finden: mein Geist schweift herum und findet sich über kurz oder lang in einer Auseinandersetzung mit dem Münchner Astrologen Wolfgang Döbereiner – Gotthabihnselig. Zuerst versuche ich ihm irgendwelche Zusammenhänge zu erklären, ihn auf mögliche Irrtümer oder Ungenauigkeiten hinzuweisen – zuerst demütig und freundlich und fragend, so in dem Ton: „könnte es nicht sein, dass … ?“ Das kann sich aber dann steigern und im Zorn enden. Meistens aber phantasiere ich ihn mir als einen aufmerksamen Zuhörenden, der bereit ist, meine Anmerkungen, Ergänzungen (zB Bayern hat ein völlig andere Geschichte als Österreich; angefangen von der Besiedlung bis zu den Religionskriegen), auch Einwände zu bedenken, zu überprüfen und gegebenenfalls auch anzunehmen. Und wenn er sie ablehnt, erklärt er es mir ruhig und sachlich, wieso. Das ist alles sehr unrealistisch und weit davon entfernt, was ich in der wirklichen Begegnung zu sagen mir getraut habe. Weil der große Zampano auch in meinem Phantasiedialog – und das ist schon realistischer - auf Einwände sehr aggressiv reagieren kann, steigere ich mich beim Versuch, mir Gehör zu verschaffen, bis in einen wilden Zorn und schreie ihn nieder – das ist wiederum sehr unrealistisch. Also für dieses ständige, oft mehrmals tägliche Reinkippen in diese inneren Auseinandersetzungen mit Döbereiner und meine Rechtfertigungsversuche brauche ich einen Namen, weil ich das Ganze schon nicht mehr beschreiben will, wenn es auftaucht, weil mir dabei schon vor mir und meinen immer gleichen Dialogen ekelt. Wenn ich also einen Abend – so wie jetzt – beschreibe und das Kürzel XY – ich muß es noch erfinden – herschreibe, dann wißt ihr: er ist wieder einmal in sein Döbereinerloch gefallen. Und das dauert jedesmal, bis ich es da wieder heraus geschafft habe!

Zackbumm? Ich weiß nicht recht; so zackig passiert das nicht; es ist eher wie ein Abgleiten in Trance wo ich den Vorgang selbst gar nicht richtig mitbekomme und plötzlich aufwache und feststelle: ich streite innerlich wieder mit diesem Münchner Affenarsch.

Rutschpartie? Nein, das ist viel zu lächerlich. Es darf den Text nicht gleich so stören. Und lustig ist dieser Zwang auch nicht.

Die Wolf-Gang? Zu polemisch. Und cool bin ich dabei überhaupt nicht. Keine Situation für Namenswitze. Es muß schon ein wenig verfremdet und tarnend sein. Ich will mich ja nicht jedesmal bloßstellen. Ich werde weitersuchen müssen. Vielleicht fällt mir im Traum etwas ein.

Ich hab’s! Das habe ich vor Jahrzehnten geträumt: Fugat mocavium! Also immer, wenn ich „fugat mocavium“ schreibe, bin ich mit meinem inneren Dialog in einen Streit mit Döbereiner geraten. Fugat mocavium.

(20.7.2023)

Peter Alois Rumpf Juli 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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