Mittwoch, 28. Juni 2023

3261 Die Assoziationskette

 



8:51 a.m.  Aus anstrengender, weil ganz unübersichtlicher Geheimdienstarbeit aufgewacht, genieße ich den stillen, kühlen Sommermorgen und gieße die Pflanzen. Dann lege ich mich wieder ins Bett. Der Rabe am Fenster schaukelt noch vom Hochziehen der Jalousie, die Möwe bei meinem Kopf vom Aufsetzen der Lesebrille. Ansonsten ist keine Bewegung im Raum. Außer der meiner schreibend beschäftigten Hände und die kurze der umgeblätterten Notizbuchseite. Ich atme erleichtert die angenehm kühle Morgenluft ein (also bewegt sich auch mein Bauch und ein wenig mein Brustkorb). Die Augen fallen mir zu und der Ohrensound wird allumfassend und körperlich; wie eine einhüllende, substanzhafte Wolke mit Eigenleben. Mein Körper wird zu einem Universum, in dem ich sitze, die verschiedenen Regionen melden sich mit Empfindungen wie Jucken, Druck, Ziehen, Verkrampfung (die linke Hand), Anspannung und Ähnliches. Und allmählich empfinde ich es auch, wie Wellen durch diese Welt, die mein Körper ist, laufen und wie diese unkörperliche, bioenergetische Zuckungen auslösen. Ich öffne die Augen und betrachte meine linke Hand, vor allem aber die nicht ganz sauberen Fingernägeln. Es geht also schon Richtung Alltagswelt und Alltag. Die ersten Sachen, die ich im Internet recherchieren könnte, fallen mir ein. Die wirken wie aus dem Zusammenhang gerissen, aber gottseidank weiß ich noch die Assoziationskette: Fingernägel schmutzig – schneiden – wachsen lassen – lackieren – Männerbild – das erste Grazer Frauenfest (1977?) - Ilse: „der ist harmlos!“ - Gruppe Revolutionärer Marxisten - Ihr Chef Alf K. - wobei ich eben nicht sicher bin, ob der Name stimmt, denn mein Namensgedächtnis läßt immer mehr nach und ich verwechsle ständig die Namen. Aber das könnte ich recherchieren versuchen. Kurz meldete sich das Herz mittels eines leichten Druckgefühls; aber nein, ich bin schon zu real, zu verstrickt in der Alltagswelt, als dass ich dem jetzt noch nachgehen könnte. Ich bleibe noch im Bett um zu lesen.

Und was ich lese, stellt sich als einer der besten Geschichten heraus, die mir untergekommen sind: Wolfdietrich Schnurre, „Steppenkopp“.




(28.6.2023)

Peter Alois Rumpf Juni 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite