Montag, 22. Mai 2023

3211 Schwimmbadgeschrei

 



Die Krähen schreien und schreien und hören nicht auf. Vielleicht aus Empörung, weil sie das Gänsehäufel an diesem ersten frühsommerlichen Tag nicht mehr für sich allein haben. Der Wind zupft sanft an den Gräsern und Blättern und läßt das Laub der Pappeln im Sonnenlicht glänzen und blinken. Im Wasser sind einige Boote unterwegs, aber noch wenige Schwimmer. Meine Frau zieht ihre Liegedecke in die Sonne und legt sich wieder drauf. „Kein Mensch ist illegal“ will ich herschreiben, aber warum eigentlich? Eine junge Pappel hat ihre Blätter noch nicht lange ausgetrieben, sie sind noch ganz klein. Der Wind fährt mir über die Haut. Was ist das jetzt hier? Das ist schon Wirklichkeit. Die Krähen schreien und hören nicht auf. Ich habe ja viel zu viel Sonnencreme Lichtschutzfaktor 30 auf der Haut, um poetisch sein zu können, also laß es! Also schreib ich prosaisch: auch das Wasser dort hat was! Dieser alte Donauarm ist wahrnehmungsempirisch nicht ohne. Dieses Krähengeschrei ist nun weiter weg, aber bewirkt trotzdem einiges an Infragestellung des Badeszenarios (als käme es aus einer anderen Wirklichkeitsschicht).

Die Krähen scheinen sich beruhigt zu haben; man hört nur mehr vereinzelte Rufe. Der Wind bläst und bläst und läßt die Bäume rauschen. Und das übliche, seit der Kindheit vertraute Schwimmbadgeschrei; man merkt jedoch den noch spärlichen Besuch. Meine Frau zieht die Liegedecke in die Sonne; den Schatten macht der ständige Wind etwas kühl. Im Nordosten ballen sich weiße, harmlose Wolken. Die Krähenrufe kommen wieder näher. Es herrscht eine große Selbstverständlichkeit hier und dennoch eine Komponente Fremdartigkeit. Die mag aus mir kommen. Die Welt ist schön, aber gilt sie auch mir? Der Wind wird stärker. Ein Hund bellt vom anderen Ufer. Ein paar Schwäne im Wasser. Der Wind geht auf eine leichte Brise herunter und man hört so den fernen Autoverkehr. Die Paddler machen wirklich schöne Bewegungen. Jetzt muß natürlich ein Boot mit Superboxen auf voller Lautstärke daherkommen. Ich bin da in einem Theaterstück; alle sind auf der Bühne. Wind und Wetter spielen auch mit. Alles ist auf der Bühne. Und so weiter.




(21.5.2023)

©Peter Alois Rumpf Mai 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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