Mittwoch, 17. Mai 2023

3207 Das Mousepad

 



11:44 a.m. Nachdem ich heute Nacht wegen des angekündigten Besuch des Rauchfangkehrers und des vereinbarten Arzttermins schlecht und viel zu wenig geschlafen habe, habe ich mich – nach Erledigung all dieser Angelegenheiten und einem ordentlichen Frühstück – Nüchternheit war für die Blutabnahme verlangt – wieder ins Bett gelegt und im Pirandello gelesen. Aber jetzt bin ich müde. Schlafen? Jetzt? Ist das nicht unanständig? Was könnte ich tun? Museum? Keine Lust. Wie gesagt: ich bin müde. Internet? War ich heute schon und war mir fad… Kompromiss: ich hocke im Bett und schreibe ein paar Zeilen. Jetzt düdelt mein Smartphone (Handy klingt schon gar zu antiquiert und schirch) und ich verstehe immer noch nicht, was es mir mitteilen will. Aber nun werde ich das Notizbuch gleich weglegen, die Leselampe abdrehen und in dem schönen, düsteren Zimmer aufrecht im Bett sitzend das Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand anstarren, akustisch begleitet vom Geschrei der Tageskinder, dem verhaltenen Baulärm vom Nachbarhof und meiner ewigen Ohrensurrerei, die mir immer in den Phasen anbrechender Stille auffällt. Vielleicht schlafe ich wirklich ein; es beginnen schon die unwillkürlichen Zuckungen. Schon sehe ich bei geschlossenen Augen eine kleine, großartige Graphik vor mir, überlege noch, ob von mir, gezeichnet oder gedruckt und was ich damit anfangen soll – und weil ich schon schlafe, brauche ich zum Überlegen recht lange – als sie wieder verschwindet indem sie an Ort und Stelle blasser und blasser wird und sich dann auflöst. Dann ist stille Dunkelheit, nur von mildem Baustellenlärm begleitet – die Tageskinder schlafen jetzt auch und auf meine Surrerei zu achten, habe ich vergessen. Als nächstes erscheint so ein kleines Mousepad aus weichem Plastik vor meinem inneren Auge, das ich schnell und geschickt ergreife, in den Mund stecke und zu zerkauen beginne. Dann ist es wieder bewußtlose Dunkelheit. Jetzt habe ich die Augen offen; warm ist mir, ich fühle mich frischer, aber sehr gemütlich im Bett. Und der Rest des Tages ist auch schon geritzt: jetzt weiß ich es: ein bis zwei Geschirrspüler, zwei Waschmaschinen, Texte tippen und auf die Schublade stellen mit allem Pi-Pa-Po, Essen nicht vergessen, am Abend Krimiglotzen mit meiner Frau, Internet, Musik, vielleicht den Roman über den Nichtsnutz Mattia Pascal weiterlesen … so ungefähr werde ich den Tag runterbiegen. Vielleicht ein- oder zweimal aus dem Fenster schauen. Wenn es hochkommt: dreimal.




(17.5.2023)

©Peter Alois Rumpf Mai 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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