Dienstag, 16. Mai 2023

3205 Der Einkaufszettel

 



Zunächst möchte ich festhalten, dass ich heute beim Frühstück brav und tapfer (hahaha! – der Innere Hobbyetymologe) die letzten Erdnüsse vom Nikolaussackerl anno Domini 2022 erst aufgebrochen und dann gegessen habe.

Und zweitens bin ich verärgert, richtig grantig. Ich ärgere mich sosehr! Und das kam so: ich will für meine Frau am Vormittag, bevor der heute angekündigte Regen kommt, einkaufen gehen, aber nirgends ist der Einkaufszettel zu finden. Dazu muß und will ich festhalten, liebe Haus- und Ehefrauen: es geht dabei hauptsächlich um Einkäufe für den Bedarf meiner Frau als Tagesmutter für die Tageskinder und was sie sonst noch kochen will: dafür brauche ihren Einkaufszettel. Was ich selber brauche und was allgemein im Haushalt gebraucht wird, weiß ich selber. Dazu brauche ich nicht die Angaben meiner Frau. Ich bin ja kein Trottel! Es ist sehr schwer und mir eigentlich verboten, mindestens aber sehr verpönt, meine Frau bei ihrer herausfordernden und anstrengenden Arbeit als Tagesmutter mit ihrem (der Arbeit) Anspruch an Konzentration, physische und psychische Präsenz und empathische Aufmerksamkeit für ihre fünf Tageskinder zu stören, aber trotzdem frage ich: „Wo hast du den Einkaufszettel hingelegt?“ „Bei der Brotlade“ ist die kurze Antwort. Wenn er dort läge, wäre die Sache hiemit auch schon erledigt. Aber ich suche einmal, ich suche zweimal, ich suche dreimal, viermal, fünfmal, ich gehe in mein Zimmer hinauf, lenke mich ab, gehe wieder runter in die Küche, suche wieder … und finde den verdammten Zettel nicht. Ich suche überall sonst, wo er abgelegt sein könnte, durchwühle die Küche, drehe alle Zettel und sonstiges auf den Ablageflächen um – kein Einkaufszettel zu finden. Ich wage es nicht, meine Frau nochmals mit meiner Frage zu stören, denn erstens scheint sie selbst nicht zu wissen, wo sie den Zettel abgelegt hat, und dass sie ihn sucht, das geht wirklich nicht – ich meine das wirklich so: sie kann die Tageskinder nicht so lange allein lassen (1-3 Jahre alt) – und zweitens reagiert sie auf solche Anfragen sehr abweisend, aggressiv und – wie ich es empfinde – sehr arrogant (schließlich bin ich ja dabei in der Rolle des Trottels, der nichts findet). Immerhin kommt es öfters vor, dass ich etwas nicht sehe, das ich suche, obwohl es da ist. Das ist nämlich ein uralter und bewährter Trigger für meine diesbezüglichen Kindheitstraumata und wenn die Traumatrance aktiviert ist, ist man wirklich blöde und sieht nichts, weil das Gehirn nicht normal funktionieren kann, sondern auf Alarmmodus gestellt ist. Dabei ärgere ich mich schon, dass ich nichts finde und hasse es, so bloßgestellt zu sein, weil ich den beschissenen Zettel nicht finde. (Zur Erhellung des traumatischen Hintergrunds, nicht zur Bemitleidung oder zur Verachtung, aber zum besseren Verstehen: Mein Vater hat mir einmal in aller Öffentlichkeit, als ich etwas, was zu holen er mich beauftragt hatte, wieder wie so oft nicht finden konnte – und damals war ich deswegen in Panik, denn ich hatte große Angst vor meinem Vater und seiner Gewalttätigkeit, bin mindestens zehnmal in Keller und Küche gerannt, habe alles abgesucht – aber er kam mir schon wutentbrannt entgegen und hat mir draußen vorm Haus mit absolutem Hass im Gesicht eine Faustschlag versetzt, dass ich Kind mehrere Meter durch die Luft geflogen und den Hang hinuntergerollt bin. Das hat sogar die Nachbarin auf den Plan gerufen – und damals war man bei Gewalt gegen Kinder nicht „zimperlich“ – das war sozusagen ein Höhepunkt, ansonsten wurde ich „nur“ beschimpft, was für ein Trottel ich bin, mit demselben hasserfüllten Gesichtsausdruck. Übrigens: das gesuchte Werkzeug war wirklich nicht dort, wo er es mich hat suchen lassen.)

Also so richtig in Panik bin ich heute wegen der Unfähigkeit, den Zettel zu finden, nicht, aber als Trottel komme ich mir schon vor. Und jetzt regnet es. Anscheinend hat meine Frau ihren Einkaufszettel auch nicht gefunden, denn als sich runterkomme, hat sie einen neuen geschrieben. Aber jetzt kann ich nicht einkaufen gehen (by the way: „gehen“ wörtlich; wir haben kein Auto), denn gleich ist die Tageskinderabholzeit und dann ist unserer Vorzimmer so schon verstopft und ich käme mit unserem großen, bis oben angefüllten und deshalb schweren Riesentrolley nicht durch. Keine Chance. Also heißt es warten, warten, warten. Wieder warten. Nur warten. (Was regst du dich so auf? - Du hast die Wartezeit eh zum Schreiben genützt! - der Innere Korrektor) (Halt die Klappe, Arschloch! - ich)




(16.5.2023)

©Peter Alois Rumpf Mai 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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