Dienstag, 25. April 2023

3179 Ich schüttle meinen Kakao





Ich schüttle meinen Kakao in der angenehmen Schaukel (Katscheli) bei französischem Rap untermalt mit dem Zischen und Gurgeln der Kaffeemaschine des Lokals auf. Aus dem Spiegel links dort an der Wand schaut mich ein alter, aber mit seiner Brille nicht unsympathischer, seriös wirkender Mann an. Ich bin mir nicht sicher, wer der klandestine Alpenkönig und wer der Menschenfeind ist.

Im Klo mit den nostalgischen Plakaten und Pickerln an der Wand lese ich ohne Lesebrille statt „#Nazisraus“ „Knazis raus“. Tät auch gut passen, diese Melange aus Knackies und Nazis.
Inzwischen ist die Musik melancholisch orientalisch geworden. Übrigens ist der Tag heute merklich kühler. Die Musik nun wird italienisch. Die Musik – jetzt textlos – ist mir trotz ihrer aufmunternden Art schwermütig genug und nicht unsympathisch. Die Sonne kommt heraus und wärmt mir hinter der Fensterscheibe den Rücken und scheint auf Teile des Tisches und auf Teile meiner linken Hand, wodurch meine alte, weiße, männliche Haut ganz hellbraun wird. Und wieder schüttle ich den Kakao auf. Draußen ist es für kurze Zeit extrem laut, weil etwas vorbeigerollt wird (ich sitze mit dem Rücken zum Fenster). Die Musik wird bobo-country-amerikanisch mit spezifisch kunstvoll reduzierter und supertransparenter Mundharmonika. So auch das Banjo. Auch hier die elegisch kultivierte Schwermut. Ich trinke den Kakao aus und überlege, nach Hause zu gehen. Warten wir noch das nächste Musikstück ab. Rap-amerikanisch. Alles sehr kunstvoll, einfach zum Teil, aber nie primitiv – eine sehr disziplinierte, bewußte Zurückhaltung, hinter der eindeutig große Könnerschaft steht. Auch hier die schöne, vielgeliebte, tröstliche Schwermut. Ich meine die, die einem ein Lächeln ins Gesicht zeichnet.




(25.4.2023)

©Peter Alois Rumpf April 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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