Freitag, 21. April 2023

3173 Anstrengende Abenteuer

 



10:20 a.m. Ich hocke im Bett und stehe nicht auf und lasse meine Gedanken schweifen. Was passiert? Wo treiben sich meine Gedanken herum? Da treiben sich meine Gedanken herum:

Ich steige als Kind verängstigt den Irdninger Kirchturm nach einer kollektiven Besichtigung der Glockenstube hinunter. Ich habe wegen der desolaten Holztreppen Angst – der Bretterboden hat große Spalten und große Löcher, Teile sind abgebrochen und es gibt in manchen Stockwerken auch zweite Holztreppen, die aber zerbrochen sind und ins Leere sprich in den Abgrund führen. Ich als verängstigtes, aus meinem Körper vertriebenes und vom Selbstgefühl abgeschnittenes Kind bleibe hinter der fröhlich die Stufen hinablaufenden Ministranten- oder Jungscharschar zurück und bleibe allein und in Panik und steige zitternd die Stufen hinunter – oft nicht wissend, welche Treppe weiterführt und welche nicht. Ich erinnere mich nicht, wer da als erwachsene Begleitperson dabei war und wo sich die befunden hat.

Oder: fast meine Lieblingsphantasie: ich bin – wie so oft – unschuldig verhaftet und wegen eines Verbrechens, das ich nicht begangen habe angeklagt und die korrupte Polizei, deren einige dieses scheußliche Verbrechen begangen haben könnten – fälschen die Beweismittel zu meinen Ungunsten. Ich werde vom Psychiater H. untersucht und will ihm meine Unschuld aufzeigen, stoße aber auf großes Mißtrauen, denn auch er glaubt den inszenierten Indizien. Psychiater haben keine Lehr- und Selbstanalyse, denke ich mir, eine schreckliche Unterlassung, jemanden in solcher Funktion auf die Klienten loszulassen, der schlimmstenfalls nur brav studiert hat, aber nie in die eigenen Abgründe geschaut. Trotzdem hoffe ich bei Herrn H. auf seinen angeblich christlichen Background und versuche, ihn mit meiner Offenheit, Ehrlichkeit und Selbstreflektiertheit dazu zu bringen, meine Erzählung nicht von vornherein als neurotisch und falsch abzutun. Wir reden auch über Kunst, Virtuosentum und Kafkas Mäusesängerin. Leicht wird das nicht; die Geschichte ist ergebnisoffen.

Oder: ich werde als Schriftsteller entdeckt und komme groß heraus. Trotz heftiger Einwände und Warnungen aus mir selbst ziehe ich die Geschichte durch und als ich feststelle, dass das geht, traue ich es mir tatsächlich zu.

Naja und jetzt – nach so vielen anstrengenden Abenteuern – werde ich hungrig mir ein Frühstück zugbereiten.




(21.4.2023)

©Peter Alois Rumpf April 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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