3081 Albertina Alex Katz
Ich sitze vor der Katz’schen Strandbar. Früher bin ich an seinen Bildern vorbeigegangen. Meine Frau hat mich dann bewogen, noch einmal
hinzuschauen. Auch das hier ein Bild, das ich früher nicht beachtet habe. Es
ist das Licht, das mir bei diesen Bildern auf den zweiten Blick als erstes
aufgefallen ist. Die Menschen sitzen im Licht, manche sind geblendet, aber – so
scheint es – sie suchen es auch. An seinen Porträts – diese reduzierten
Abbilder – so scheint es – wohl geordneter Menschen - ist mir in den Augen
diese unglaubliche Schwermut aufgefallen. Oder gar Verzweiflung. Nicht an der
Oberfläche, sondern tief in den Augen, tief im Blick. Und da hat es mich
umgehauen. Oder einfach Trauer; viel Trauer in den Augen – scheint es mir. Oder
eine große Ratlosigkeit. Ich könnte heulen vor diesen unglücklichen Glücklichen
(und ich weiß auch, warum sie unglücklich sind). (Obwohl sie auf den ersten
Blick wirken, als hätten sie es geschafft: wohlhabend, ihr Leben in guten
Bahnen …) Manche wollen ihre Trauer hinter einem betont kühlen, arroganten
Blick verbergen. Vergeblich. Die Malweise ist so diszipliniert, das nichts vom
Künstler Draufgelegtes den Blick des Betrachters in die Tiefen der Augen stört.
Ja, manche Gestalten suchen das Licht, lassen sich von der Sonne bescheinen,
aber der Blick bleibt voller Trauer. Das Trio habe ich schon früher einmal
beschrieben: bei ihnen ist mir das alles zum ersten Mal aufgefallen, nach dem
Hinweis meiner Frau, das Bild genauer zu betrachten. Auch die schönen Lippen
der meist schönen Frauen wirken meistens enttäuscht; nur die ganz links läßt
ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen spielen. Das sind alles Bilder von
Blicken! Hauptsächlich von Blicken. Es geht um die Augen. In manchen Augen sehe
ich noch den Schock. Einige wenige lächeln und halten ihre Lippen nicht
verschlossen. Es gibt Bilder, mit denen ich nichts anzufangen weiß. Aber auch
ein paar alte Landschaften (vor meiner Geburt), die mich sehr ansprechen. Und
die Zeichnungen nicht vergessen! Die U-Bahn-Skizzen zum Beispiel; auch sehr
alt, die Männer tragen noch Hüte. Auch da zeichnen (!) sich schon die Blicke
ab. Auch der Schatten auf einer weißen Holzwand kann so, so … deutlich sein -
ohne alle Aufdringlichkeit. Und ebenso die späteren Zeichnungen: Blicke. Und
wieder ein Bild – Gemälde – das mich so berührt: welch eine Trauer! Mir kommt
vor, in manchen Bildern finden ganz kleine Verschiebungen statt. Mehr kann ich
zu dem noch nicht sagen; ich werde dem auf der Spur bleiben.
Bei den Neunzehntes-Jahrhundert-Sphinxen heraußen denke ich
mir: ich scheiß auf diese ganze tonnenschwere Tradition, diese ganzen
besserwisserischen Stimmen; nichts wird angeschaut, nur ins Schema eingeordnet.
Dieses ewig Niederziehende, Verurteilende. Ja, ich weiß, so ganz stimmt das auch
nicht. Abgesehen davon, dass, wenn ich auch darauf scheiße, dieses ganze
lastende Erbe trotzdem da ist.
(13.2.2023)
©Peter Alois
Rumpf Februar 2023 peteraloisrumpf@gmail.com
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