Montag, 13. Februar 2023

3081 Albertina Alex Katz

 

Ich sitze vor der Katz’schen Strandbar. Früher bin ich an seinen Bildern vorbeigegangen. Meine Frau hat mich dann bewogen, noch einmal hinzuschauen. Auch das hier ein Bild, das ich früher nicht beachtet habe. Es ist das Licht, das mir bei diesen Bildern auf den zweiten Blick als erstes aufgefallen ist. Die Menschen sitzen im Licht, manche sind geblendet, aber – so scheint es – sie suchen es auch. An seinen Porträts – diese reduzierten Abbilder – so scheint es – wohl geordneter Menschen - ist mir in den Augen diese unglaubliche Schwermut aufgefallen. Oder gar Verzweiflung. Nicht an der Oberfläche, sondern tief in den Augen, tief im Blick. Und da hat es mich umgehauen. Oder einfach Trauer; viel Trauer in den Augen – scheint es mir. Oder eine große Ratlosigkeit. Ich könnte heulen vor diesen unglücklichen Glücklichen (und ich weiß auch, warum sie unglücklich sind). (Obwohl sie auf den ersten Blick wirken, als hätten sie es geschafft: wohlhabend, ihr Leben in guten Bahnen …) Manche wollen ihre Trauer hinter einem betont kühlen, arroganten Blick verbergen. Vergeblich. Die Malweise ist so diszipliniert, das nichts vom Künstler Draufgelegtes den Blick des Betrachters in die Tiefen der Augen stört. Ja, manche Gestalten suchen das Licht, lassen sich von der Sonne bescheinen, aber der Blick bleibt voller Trauer. Das Trio habe ich schon früher einmal beschrieben: bei ihnen ist mir das alles zum ersten Mal aufgefallen, nach dem Hinweis meiner Frau, das Bild genauer zu betrachten. Auch die schönen Lippen der meist schönen Frauen wirken meistens enttäuscht; nur die ganz links läßt ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen spielen. Das sind alles Bilder von Blicken! Hauptsächlich von Blicken. Es geht um die Augen. In manchen Augen sehe ich noch den Schock. Einige wenige lächeln und halten ihre Lippen nicht verschlossen. Es gibt Bilder, mit denen ich nichts anzufangen weiß. Aber auch ein paar alte Landschaften (vor meiner Geburt), die mich sehr ansprechen. Und die Zeichnungen nicht vergessen! Die U-Bahn-Skizzen zum Beispiel; auch sehr alt, die Männer tragen noch Hüte. Auch da zeichnen (!) sich schon die Blicke ab. Auch der Schatten auf einer weißen Holzwand kann so, so … deutlich sein - ohne alle Aufdringlichkeit. Und ebenso die späteren Zeichnungen: Blicke. Und wieder ein Bild – Gemälde – das mich so berührt: welch eine Trauer! Mir kommt vor, in manchen Bildern finden ganz kleine Verschiebungen statt. Mehr kann ich zu dem noch nicht sagen; ich werde dem auf der Spur bleiben.

Bei den Neunzehntes-Jahrhundert-Sphinxen heraußen denke ich mir: ich scheiß auf diese ganze tonnenschwere Tradition, diese ganzen besserwisserischen Stimmen; nichts wird angeschaut, nur ins Schema eingeordnet. Dieses ewig Niederziehende, Verurteilende. Ja, ich weiß, so ganz stimmt das auch nicht. Abgesehen davon, dass, wenn ich auch darauf scheiße, dieses ganze lastende Erbe trotzdem da ist.

 

(13.2.2023)

©Peter Alois Rumpf  Februar 2023   peteraloisrumpf@gmail.com

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