Mittwoch, 14. September 2022

2886 Wilde Zacken

 

9:40 a.m. Mali Lošinj ist heute so klar, freundlich, gut drauf und glücklich. Und Rettenschoess wirkt auch so. Veli Lošinj ebenfalls, allerdings verbleibt ein still dumpferer Touch. Ich habe in meinem Gesichtsfeld wieder diese leuchtenden Zacken, sodass ich mich frage: wo kommt meine Seele gerade her? Geträumt habe ich von einem alternativen Volksfest am Land, so eine Art Kirtag für sozial und emanzipativ Engagierte. (Die Zacken werden stärker, mein Herzklopfen auch.) Ziehen in der Herzgegend: ich lehne es ab, mich zu fürchten. Ich sollte von der Zeit her einigermaßen ausgeschlafen sein. Diese leuchtenden, zuckenden Zacken sind noch da und machen interessante, bewegte, schöne Muster in mein Gesichtsfeld. Die Augen werden mir müde und fallen zu. Bei geschlossenen Augen bewegen sich die Zacken nicht. Sie schweben wie schöne, moderne, leuchtende Schmuckstücke im Dunklen. Mit meiner Erlaubnis darf ich einschlafen. Bei geöffneten Augen (zum Schreiben) wird in meinem Gesichtsfeld wieder voll gezackt. Erst jetzt fällt mir ein, meine linke Hand, die das Notizbuch fanatisch festhält, zu entkrampfen. Meine linke Hand vor mir ist von halbkreis- und sichelförmigen wunderschönen Lichtzacken beinah verdeckt; so sehr spielt es sich jetzt ab. Ich schließe meine Augen und es wird ruhig. Zum Notieren öffne ich sie und der Lichtertanz setzt erneut voll ein. Das ist wirklich schön anzuschauen. Bei geschlossenen Augen fährt die Szenerie, aus der nun zuckende Lichtkreise geworden sind, wieder herunter, aber das Vibrieren der Lichtpunkte bleibt jetzt, ehe es von einer schwarzen, männlichen Gestalt  magnetisch eingesammelt wird. Der Mann -  offensichtlich ein Schwarzafrikaner – geht dann von der Bühne hinter meinen Lidern mit den Lichtpunkten ab. Ich spüre, wie ein leichter Druck auf meinem dritten Auge anhebt und sehe, wie das leuchtende Vibrieren jetzt auch bei geschlossenen Augen von unten, aber als kompaktes Konglomerat ins dunkle Gesichtsfeld eintritt. Bei offenen Augen sind es ganze gezackte Liniennetze und Kreise, die offen und intensiv vor meiner Wahrnehmung tanzen. Ich spiele ein wenig mit Augen öffnen und Augen schließen. Ich habe die Augen wieder offen und die Zacken, die das wahrgenommene Bild vershattern, ziehen sich, wenn ich zum Plafond aufschaue, an die Ränder zurück und mein mittiger Blick wird außergewöhnlich klar und rein. Selbst Veli Lošinj erstrahlt ohne Vorbehalte und Bedenken in ganz klarer, freudiger Schönheit. Die Zacken sind weg.

Die Geräusche einer Wasserstrahlreinigung – vermutlich von der benachbarten Baustelle – stören mich nicht. Meine linke Hand ist noch oder schon wieder verkrampft; zwischendurch habe ich das völlig ausgeblendet. Mein Blick ist jetzt so rein, dass sich die frankophone Schweizerin nicht mehr im Bild, sondern unmittelbar davor im Raum befindet. Es würde mich nicht wundern, begänne sie sich zu bewegen und zu sprechen (Mon Dieu! Mein Französisch!). Sie bleibt allerdings still und unbewegt beim Regal dort. Bevor ich zum Frühstück aufstehe, blicke ich nochmals zu meinen drei Bildern auf, an denen und ihrer freudigen Ausstrahlung ich mich nicht satt sehen kann. Aber eine mächtige, wunderbare, unendliche Müdigkeit holt mich ein und läßt mich in Schlaf versinken.

 

(14.9.2022)

©Peter Alois Rumpf  September 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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