2854 Nur eine nackte Frau
2:12 a.m. Ich stelle fest: wenn ich alle drei Lampen im
Zimmer aufgedreht habe, ist es auch tief in der Nacht heller und ich sehe meine
Bilder und Kunstkarten viel besser. Zum Beispiel Kokoschkas Linz, oder sein
Raubtier, das mich auch wegen seiner Fellfarbe immer an einen Säbelzahntiger,
allerdings ohne Säbelzähne erinnert. Oder die schöne Nackte neben dem Raubtier
– den Namen des Malers habe ich schon wieder vergessen – eine Schönheit, die
noch aus den Fünfzigerjahren kommen könnte. Die zwei Visionäre schauen auch
fröhlicher und lichter drein und sind voll gut drauf. Meine Augen wandern
zurück zur Nackten, die immer noch im Halbdunklen bleibt, und sie schauen und
schauen und können sich nicht satt sehen. Irgendwas aus ganz tief will
hochsteigen, aber ich fürchte mich davor. Dass es mich überwältigt und ich die
Kontrolle verliere. Ich kann es nicht wirklich zulassen – es bleibt ein Gefühl,
das mich ganz am Rand streift. Wie harmlos mir jetzt die zwei Visionäre
vorkommen, die doch unglaubliche Wunder, vielleicht auch Schrecken schauen. Ich
schaue nur eine nackte Frau auf einer Karte von einer Photographie des Bildes
„Schlummernde Frau“ von Johann Baptist Reiter an.
(20.8.2022)
©Peter
Alois Rumpf August 2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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