2849 Fußbalsamtour
Heute, auf meiner Jiménez-Weleda-Fußbalsam-Tour habe ich es
nicht geschafft, nicht wieder in diese Falle des Antiquariats in der Wollzeile
da auf dem Gehsteig zu tappen – obwohl mir diese Falle an ausgestellten Büchern
schon ganz bekannt ist und gefürchtet – will sagen: ich habe vier Bücher
gekauft. Und nicht nur das: ich habe den Antiquar fast niedergequasselt und ihm
den Juan Ramón Jiménez als einen der besten Dichter des zwanzigsten
Jahrhunderts an Herz gelegt, weil ich soeben den Platero mindestens zum fünften
Mal, diesmal beim Morawa, gekauft hatte - wo ich vorhin übrigens mit einer
Verkäuferin fröhlich gescherzt hatte – und das Büchlein bei mir trug. Souverän war
ich, als würde ich etwas Relevantes wissen und als hätte ich etwas Wichtiges zu
sagen. Ein herrliches Gefühl! Ein wahrhaft herrliches Gefühl! An mir ist
tatsächlich ein begeisternder Lehrer verloren gegangen. (Dass der Antiquar mit
der Behauptung, er kenne den Jiménez nicht, mich am Schmäh halten könnte, bin
ich erst jetzt zu Hause gekommen.) Wie mir überhaupt meine Redseligkeit in der
ungeschützten Öffentlichkeit neu und nicht ganz geheuer ist. Werde ich
verrückt? Oder zumindest manisch? Merke ich nicht mehr, wie ich mich zum
Narren, zu so einem kuriosen alten Deppen mit Zöpfchen mache?
Und jetzt im Café Mima, nachdem ich mir vorhin in der
Taborstraße einen Fußbalsam gekauft habe, schaue ich zur Seite, um der
vorgebeugten, Brot schneidenden Kellnerin nicht in den Ausschnitt gaffen zu
müssen. „Müssen“ weil ich es zu gern und herzenslustig täte und süchtig nach
solchen Anblicken bin. Also schaue ich weg, aber nur, weil ich keine Wickel
will und auch nicht so infantil dastehen, respektive dasitzen. Das Leben ist
kurz und der Freuden ist zu wenig, oder? Täusche ich mich? Bin ich zu verwöhnt
und werde größenwahnsinnig und zu üppig? Weil das ist klar, dass sie ihren
Busen nicht ausgerechnet mir zeigen will! Ganz sicher nicht!
Ich gehe besser nach Hause, blättere meine neuen Bücher
durch, lese den großartigen Essay „Monadische Brüderlichkeit“ von Fritz
Vogelsang, den ich mit dieser Platero-Ausgabe endlich wieder in Händen habe,
und stemple die frisch gekauften Bücher als mein Eigentum ab.
(16.8.2022)
©Peter
Alois Rumpf August 2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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