Dienstag, 16. August 2022

2849 Fußbalsamtour

 

Heute, auf meiner Jiménez-Weleda-Fußbalsam-Tour habe ich es nicht geschafft, nicht wieder in diese Falle des Antiquariats in der Wollzeile da auf dem Gehsteig zu tappen – obwohl mir diese Falle an ausgestellten Büchern schon ganz bekannt ist und gefürchtet – will sagen: ich habe vier Bücher gekauft. Und nicht nur das: ich habe den Antiquar fast niedergequasselt und ihm den Juan Ramón Jiménez als einen der besten Dichter des zwanzigsten Jahrhunderts an Herz gelegt, weil ich soeben den Platero mindestens zum fünften Mal, diesmal beim Morawa, gekauft hatte - wo ich vorhin übrigens mit einer Verkäuferin fröhlich gescherzt hatte – und das Büchlein bei mir trug. Souverän war ich, als würde ich etwas Relevantes wissen und als hätte ich etwas Wichtiges zu sagen. Ein herrliches Gefühl! Ein wahrhaft herrliches Gefühl! An mir ist tatsächlich ein begeisternder Lehrer verloren gegangen. (Dass der Antiquar mit der Behauptung, er kenne den Jiménez nicht, mich am Schmäh halten könnte, bin ich erst jetzt zu Hause gekommen.) Wie mir überhaupt meine Redseligkeit in der ungeschützten Öffentlichkeit neu und nicht ganz geheuer ist. Werde ich verrückt? Oder zumindest manisch? Merke ich nicht mehr, wie ich mich zum Narren, zu so einem kuriosen alten Deppen mit Zöpfchen mache?

Und jetzt im Café Mima, nachdem ich mir vorhin in der Taborstraße einen Fußbalsam gekauft habe, schaue ich zur Seite, um der vorgebeugten, Brot schneidenden Kellnerin nicht in den Ausschnitt gaffen zu müssen. „Müssen“ weil ich es zu gern und herzenslustig täte und süchtig nach solchen Anblicken bin. Also schaue ich weg, aber nur, weil ich keine Wickel will und auch nicht so infantil dastehen, respektive dasitzen. Das Leben ist kurz und der Freuden ist zu wenig, oder? Täusche ich mich? Bin ich zu verwöhnt und werde größenwahnsinnig und zu üppig? Weil das ist klar, dass sie ihren Busen nicht ausgerechnet mir zeigen will! Ganz sicher nicht!

Ich gehe besser nach Hause, blättere meine neuen Bücher durch, lese den großartigen Essay „Monadische Brüderlichkeit“ von Fritz Vogelsang, den ich mit dieser Platero-Ausgabe endlich wieder in Händen habe, und stemple die frisch gekauften Bücher als mein Eigentum ab.

 

(16.8.2022)

©Peter Alois Rumpf  August 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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