Dienstag, 19. Juli 2022

2798 Nackt mit der Leibwächterin

 

Eine Schlapfe liegt einfach da, so wie es sich gehört, die andere ist hochkant aufgestellt, und ich wundere mich, dass sie nicht umkippt. Eine Frau sitzt weiter drüben meditierend im Schneidersitz, eine andere liegt ganz nahe auf ihre linke Seite gedreht mit angezogenen Knien nackt da und schläft. Wir sind nämlich im Bereich der Freikörperkultur bei den gehäuften Gänsen (die manchmal mit den Schwänen an Land kommen und ihr Gebiet zurückerobern wollen). Ich schaue nicht viel, aber ein bißchen herum. Apropos Bisschen: eine Ameise beißt mir in den Rücken. Ich reibe meinen an dem Baum gelehnten Leib an dessen Rinde und hoffe, jene ist zerquetscht. Soviel Brutalität darf sein. Die Stehpaddler imponieren mir immer noch (und ich will trotz allem keine zweideutigen Assoziationen!). Kaffee im deckelverschaubten Glas. Kasperl und Co im Hintergrund, hinten über dem Zaun, haben endlich und gottseidank ausgelautsprechert. Es ist Zeit für ein Nacktphoto mit der Leibwächterin. Schöne Sonntag-Nachmittag-Stimmung (Lazy Sunday Afternoon). Die angenehme Brise in den vibrierenden Pappeln, in meinem kleinen Gesicht und überall sonst auf meiner nackten Haut. Die dreijährigen Buben laufen herum und rufen: „Superman!“ Grotesk, dass noch immer die Sonntagabendschwermut aufkommt, als müßte ich am Montag arbeiten oder in die Schule gehen. Meine Ratio spricht zu mir: „Peter, du bist in Pension und gehst nicht mehr zur Schule!“ - aber das hilft kaum.

Ich stehe vom bedeckten Wiesengrund auf und tapse und klopfe meiner naheliegenden Frau mit meinem nackten Fuß auf ihren nackten Hintern, schon zurückhaltend und beherrscht, aber doch, und gehe schwimmen. Als ich zurückkomme, dusche ich mich und meine langen Haare gründlich mit Schampoo und verlange darnach forsch und bestimmt von meinem Weibe, dass sie mir zwei Zöpfe flechte, bevor ich sie laut, öffentlich und scheinheilig bedaure, wie schwer sie es mit mir altem Γραντσχερμ habe. Dank meiner Frau und ihrer Initiative, Expertise, Nachhaltigkeit, Empathie, Fürsorglichkeit habe ich eine bequeme Sitzstellung an einem bequemen Sitzplatz bequem an einen Baum gelehnt gefunden. Optimal zum Lesen (Sonntagszeitungen, Leibwächterin) (by the way: die Krankenhausbeschreibung in der Leibwächterin von Regine Koth-Afzelius: großartig!) und Schreiben (das da). Schreiben mit Ameisen auf Schreibhand und Schreibfingern, die mich unglaublich irritieren.

Die Sonne steht tief, die Schatten sind lang. Langsam wird es Zeit zum Aufbruch. Die Stehpaddler faszinieren mich immer noch und ich schaue ihnen gerne zu. Blicke ich jedoch zum Firmament auf, sehe ich jedesmal ein Flugzeug den Kondenz streifend majestätisch und herrlich über den Himmel gleiten. Am Wasser fährt ein Wikingerboot-ähnliches Boot in großer Besatzung schön und – von der Weiten – still in koordinierten Paddelschlägen vorbei. Eine Krähe ruft. Die Sonne versinkt in den Randwolken. Wieder beißt mir eine Ameise ins Kreuz. Darauf muß ich reagieren.

 

(17./19.7.2022)

©Peter Alois Rumpf  Juli 2022   peteraloisrumpf@gmail.com


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite