2798 Nackt mit der Leibwächterin
Eine Schlapfe liegt einfach da, so wie es sich gehört, die
andere ist hochkant aufgestellt, und ich wundere mich, dass sie nicht umkippt.
Eine Frau sitzt weiter drüben meditierend im Schneidersitz, eine andere liegt
ganz nahe auf ihre linke Seite gedreht mit angezogenen Knien nackt da und
schläft. Wir sind nämlich im Bereich der Freikörperkultur bei den gehäuften
Gänsen (die manchmal mit den Schwänen an Land kommen und ihr Gebiet
zurückerobern wollen). Ich schaue nicht viel, aber ein bißchen herum. Apropos
Bisschen: eine Ameise beißt mir in den Rücken. Ich reibe meinen an dem Baum
gelehnten Leib an dessen Rinde und hoffe, jene ist zerquetscht. Soviel Brutalität
darf sein. Die Stehpaddler imponieren mir immer noch (und ich will trotz allem
keine zweideutigen Assoziationen!). Kaffee im deckelverschaubten Glas. Kasperl
und Co im Hintergrund, hinten über dem Zaun, haben endlich und gottseidank
ausgelautsprechert. Es ist Zeit für ein Nacktphoto mit der Leibwächterin.
Schöne Sonntag-Nachmittag-Stimmung (Lazy Sunday Afternoon). Die angenehme Brise
in den vibrierenden Pappeln, in meinem kleinen Gesicht und überall sonst auf
meiner nackten Haut. Die dreijährigen Buben laufen herum und rufen: „Superman!“
Grotesk, dass noch immer die Sonntagabendschwermut aufkommt, als müßte ich am
Montag arbeiten oder in die Schule gehen. Meine Ratio spricht zu mir: „Peter,
du bist in Pension und gehst nicht mehr zur Schule!“ - aber das hilft kaum.
Ich stehe vom bedeckten Wiesengrund auf und tapse und klopfe
meiner naheliegenden Frau mit meinem nackten Fuß auf ihren nackten Hintern,
schon zurückhaltend und beherrscht, aber doch, und gehe schwimmen. Als ich
zurückkomme, dusche ich mich und meine langen Haare gründlich mit Schampoo und
verlange darnach forsch und bestimmt von meinem Weibe, dass sie mir zwei Zöpfe
flechte, bevor ich sie laut, öffentlich und scheinheilig bedaure, wie schwer
sie es mit mir altem Γραντσχερμ habe. Dank meiner Frau und ihrer Initiative,
Expertise, Nachhaltigkeit, Empathie, Fürsorglichkeit habe ich eine bequeme
Sitzstellung an einem bequemen Sitzplatz bequem an einen Baum gelehnt gefunden.
Optimal zum Lesen (Sonntagszeitungen, Leibwächterin) (by the way: die Krankenhausbeschreibung
in der Leibwächterin von Regine Koth-Afzelius: großartig!) und Schreiben (das
da). Schreiben mit Ameisen auf Schreibhand und Schreibfingern, die mich
unglaublich irritieren.
Die Sonne steht tief, die Schatten sind lang. Langsam wird
es Zeit zum Aufbruch. Die Stehpaddler faszinieren mich immer noch und ich
schaue ihnen gerne zu. Blicke ich jedoch zum Firmament auf, sehe ich jedesmal
ein Flugzeug den Kondenz streifend majestätisch und herrlich über den Himmel
gleiten. Am Wasser fährt ein Wikingerboot-ähnliches Boot in großer Besatzung
schön und – von der Weiten – still in koordinierten Paddelschlägen vorbei. Eine
Krähe ruft. Die Sonne versinkt in den Randwolken. Wieder beißt mir eine Ameise
ins Kreuz. Darauf muß ich reagieren.
(17./19.7.2022)
©Peter Alois Rumpf Juli 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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