2790 Am Campus
Ich sitze im Campus Altes AKH in Hof neun unter einem
schattigen Baum. Der Wind ist angenehm, aber ich komme von meiner Aufregung vom
Psychiatertermin nicht runter. Es ist sehr leer hier, nur ein paar
Proletentypen gehen durch. Ach ja, es sind schon Ferien, keine StudentInnen
mehr, wo ich mich zwar auch fremd, aber nicht ausgeliefert vorkomme. Es fehlen
Optimismus und Zuversicht und Eifer der jungen Erwachsenen, die dabei sind, ihr
Leben anzugehen und aufzubauen, es fehlt die Liebe zum Wissen. Die da
herumgehen haben sich schon eingerichtet und bleiben dabei. Ein Eichkatzerl;
die bewegen sich einfach toll und geschmeidig. Eine knappe Stunde muß ich noch
auf meine Therapiesitzung warten. Mein Hintern tut mir von der Holzbank schon
weh. Ich werde herumgehen.
Die einsamen Springbrunnen haben etwas Vergebliches. Was
sind sie schon, wenn ihnen niemand zusieht? Der Wind allerdings spielt mit
ihnen und beformt ihre Fontänen. In diesem Hof Nummer acht sind Arbeiter am
Werk, und das Brummen und Surren ihrer Geräte ist unangenehm. Ich gehe weiter.
Nun sitze ich im Haupthof eins. Dort befindet sich ein sehr
großer Springbrunnen, was sein Becken und seine Basis betrifft, aber mit einem
lächerlichen Output. Erste kleine, einzelne Roßkastanienfrüchte in grüner
Stachelschale hat der Wind schon von den Bäumen geworfen. Ach Gott! Irgendwas
ist auch hier unerträglich. Es donnert, aber ich vermute von der
U-Bahn-Baustelle her. Ich werde weitergehen. Vielleicht zur Gedenkstätte für
die von den (unseren) Nazis ermordeten Juden? Was ich dort will, weiß ich auch
nicht so recht. Mich an der Schuld meiner Vorfahren laben?
Es ist schon unglaublich, wie hier im Campus das Fehlen der
vielen StudentInnen – einige sind schon unterwegs – Stimmung, Atmosphäre, Spin
und Geist des Ortes verändert hat! Es macht viel aus, welche Bewußtseine an
einem Ort anwesend sind. Ich gehe weiter zur nächsten Station (beuget die Knie!
Erhebet euch!).
Jetzt bin ich nach einer halben Gedächtnisstättenrunde
wieder im Hof neun eingelangt und warte die letzten Minuten zur Therapie ab.
Mir ist zum Heulen. Ich fühle mich im Stich gelassen. In der Therapiestunde
werde ich wieder vernünftig sein. Leider.
(Nachtrag: die Therapiestunde ist sehr gut verlaufen und ich
bin nachher erleichtert weggegangen.)
(7.7.2022)
©Peter Alois Rumpf Juli 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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