Donnerstag, 30. Juni 2022

2775 Eine Gallone Luft

 

10:59 a.m. (Eine Minute bevor der Wecker losgelegt hätte.) Die Sonnenflecken kriechen schon die Hauswand herunter; in vier Stunden werden sie auf meinem Schreibtisch liegen. Mein Herz klopft auffällig und – eher ungewöhnlich für die Sommerzeit des Aufwachens – große Trauer und großer Schmerz ziehen in meine Seele ein. Das ist doch die Stimmung für das Tagesende. Aber jetzt, an seinem Beginn!?! Diese Mischung aus Trauer und Schmerz geht mir innen bis an die Kehle. Bis hinter die Augen. Leichtes Vibrieren bis in den Mund. Ich glaube, ich bin bei ganz alten Gefühlen und Empfindungen. Zum zweitenmal während des Schreibens jetzt versuche ich die verkrampfte linke Hand zu lockern. Das Ziehen in und um den Mund wird stärker. In einem tiefen Seufzer saufe ich eine Gallone Luft. Und noch einmal - nicht ohne Mühe, den Brustkorb zu dehnen. Hinter den Augen wird es nässer und feuchter. Und wieder ein unwillkürlicher, tiefer Atemzug, der ein wenig nach Ringen nach Luft schmeckt. Mein Körper fühlt sich – gegen alle Realität – klein und verschumpelt an, mein Hintern schmerzt nach zwanzig Minuten aufliegen auf der Matratze, als hätte er kein Sitzfleisch am Ärschlein. Wieder versuche ich meine linke Hand zu lockern. Diese Lockerung scheint meinen gesamten Körper ein wenig zu entkrampfen. Jetzt ist meine frankophone Schweizerin mein Anker. Die frankophone Schweizerin, das ist die, die noch ängstlich zögert, ihr Unterleiberl fallen zu lassen und endlich ihre prächtigen prallen Brüste zu präsentieren. So an meiner Schweizer Ankerin in die Gegenwart gezogen, merke ich, dass ich hungrig bin. Auf zum Frühstück.

 

(30.6.2022)

©Peter Alois Rumpf  Juni 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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