2775 Eine Gallone Luft
10:59 a.m. (Eine Minute bevor der Wecker losgelegt hätte.)
Die Sonnenflecken kriechen schon die Hauswand herunter; in vier Stunden werden
sie auf meinem Schreibtisch liegen. Mein Herz klopft auffällig und – eher
ungewöhnlich für die Sommerzeit des Aufwachens – große Trauer und großer
Schmerz ziehen in meine Seele ein. Das ist doch die Stimmung für das Tagesende.
Aber jetzt, an seinem Beginn!?! Diese Mischung aus Trauer und Schmerz geht mir
innen bis an die Kehle. Bis hinter die Augen. Leichtes Vibrieren bis in den
Mund. Ich glaube, ich bin bei ganz alten Gefühlen und Empfindungen. Zum
zweitenmal während des Schreibens jetzt versuche ich die verkrampfte linke Hand
zu lockern. Das Ziehen in und um den Mund wird stärker. In einem tiefen Seufzer
saufe ich eine Gallone Luft. Und noch einmal - nicht ohne Mühe, den Brustkorb
zu dehnen. Hinter den Augen wird es nässer und feuchter. Und wieder ein
unwillkürlicher, tiefer Atemzug, der ein wenig nach Ringen nach Luft schmeckt.
Mein Körper fühlt sich – gegen alle Realität – klein und verschumpelt an, mein
Hintern schmerzt nach zwanzig Minuten aufliegen auf der Matratze, als hätte er
kein Sitzfleisch am Ärschlein. Wieder versuche ich meine linke Hand zu lockern.
Diese Lockerung scheint meinen gesamten Körper ein wenig zu entkrampfen. Jetzt
ist meine frankophone Schweizerin mein Anker. Die frankophone Schweizerin, das
ist die, die noch ängstlich zögert, ihr Unterleiberl fallen zu lassen und
endlich ihre prächtigen prallen Brüste zu präsentieren. So an meiner Schweizer
Ankerin in die Gegenwart gezogen, merke ich, dass ich hungrig bin. Auf zum
Frühstück.
(30.6.2022)
©Peter Alois Rumpf Juni 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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