2765 Beim Schreiben eingeschlafen
9:59 a.m. Wind ist aufgekommen und rüttelt an den zum Lüften
offen gehaltenen Fensterflügeln. Die Katz hat sich in ein Versteck
zurückgezogen. Ich fürchte immer: zum Sterben. Beklemmung steigt in mir auf.
Der Wind rüttelt an einer schlecht arretierten Tür. Nein, die Katze ist
hervorgekommen und zu ihrem Katzengras. Ich bin erleichtert, aber sogleich
befällt mich Unruhe, weil es mir nicht und nicht gelingen will, die Pölster für
mich bequem im Rücken zu schlichten. Ich schwitze, dass sich meine Brillen
beschlagen. Endlich kotzt die Katze wieder ihr Zeugs heraus. Es scheint ihr
besser zu gehen. Sie bewegt sich auch elegant nach Katzenart. Im Regal hat der
Codex Iuris Canonici an seiner Rückenbeschriftung aufgeblinkt; wieso ist mir
ein Rätsel. Mir fällt ein, meine verkrampfte linke Hand, die das Notizbuch
hält, in eine entspanntere Haltung zu bringen. Meine Aufmerksamkeit will sich
auf meine Leibesmitte konzentrieren und beginnt zu schweben. Ich komme mir vor
wie eine um mein Bewußtsein gekrümmte Raupe. Meine Konturen gibt es, aber sie
sind weiter als die aufgelösten meines physischen Körpers. Ich befehle meiner
linken Hand, das Notizbuch loszulassen und sich flach auf die Matratze zu
legen. Das Notizbuch ist in einer Falte der Bettdecke sozusagen eingeklemmt.
Ich versuche, in die Raupengestalt zurückzukehren; diesmal gehen die
konturauflösenden Wellen vom Nacken aus, aber der pysische Körper bleibt stärker.
Was soll man über einen Schriftsteller sagen, der während des Schreibens
einschläft? Irgendetwas hat sich im Regal bewegt. Dieses Regal ist schon so von
meiner Betrachtungsenergie aufgeladen, dass es möglicherweise bei meinem Tod
mit meiner Seele davonfliegt oder sich als verlassenes, herrenloses
Gespensterregal des nächtens in der Welt herumtreiben wird.
(24.6.2022)
©Peter Alois Rumpf Juni 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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