2701 Endlich sitzen
Albertina. Jetzt kann ich vor meinen zwei geliebten Bildern
– Manguin und Vuillard – endlich sitzen und die Nackte im Garten und das blaue
Zimmer lange anschauen. Die Umhängung macht es möglich. Mit einem Seitensprung
zur mißtrauischen und schönen Bretonin. Beim Manguin hält die wirklich
prächtige rechte Arschbacke die gesamte Schöne und den gesamten Garten
zusammen, ohne diese so gemalte würde das ganze Bild zerfallen. Im Blauen
Zimmer sind es die Wände, wo einiges los ist, und der Boden; die junge Frau
selbst wirkt stilllebig.
Und meine liebe Werefkin – jetzt hängt links das Café und
rechts der Nachtschwärmer – das macht was: zwingt mich zu einem neuen Blick:
der geht bei mir von links nach rechts: vorher: die Wildnis mit dem Tier und
dann das Café am Stadtrand, in das man sich im nächtlichen Sturm retten kann.
Und jetzt? Aus dem letzten Menschenasyl rausgeworfen in den eisigen,
nächtlichen, unheimlichen Wald?
Jawlenskys abstrakter Kopf gefällt mir; würde gerne
ausprobieren, mit so einem anstatt dem üblichen herumzulaufen. Und „meine“ vier
Kleeblätter: davon das Zwergenmärchen, wo alles pelzig oder schon im Status der
beginnenden Abstrahlung ist, schon fast eine Energiebilddarstellung, und die
gleichfalls magische Krähenlandschaft – das sind meine Kleefavoriten hier. Und
Jawlenskys abstrakter Kopf der erloschenen Glut, weiblich, sonst würd ich den
auch als Zweitvariante zu meinem kleinen glatzerten nehmen.
„Meine“ Kokoschkas! London und Dresden, was für eine
Erholung. Besonders London, das beinah schon im Himmel ist. In Dresden – kommt
mir vor – kündigt sich Unheil an – aber noch sind Stadt und Land frei. Und der
liebe Arbeiter der lieben derer von Motesiczky – was für ein eindrucksvoller,
freundlicher Kopf. Der Beckmann daneben scheint Angst zu haben – möge ich mich
täuschen. Beim Kirchner läßt sich vermuten, dass die Rustikalität bei den Kühen
bald weggesprengt wird und bei seiner Stadt Löbau droht auch schon die
Verlichtung vom Hintergrund herein. Heckel ist gefräßig. Gut, das habe ich
gestohlen.
(18.5.2022)
©Peter Alois Rumpf Mai 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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