Donnerstag, 19. Mai 2022

2701 Endlich sitzen

 

Albertina. Jetzt kann ich vor meinen zwei geliebten Bildern – Manguin und Vuillard – endlich sitzen und die Nackte im Garten und das blaue Zimmer lange anschauen. Die Umhängung macht es möglich. Mit einem Seitensprung zur mißtrauischen und schönen Bretonin. Beim Manguin hält die wirklich prächtige rechte Arschbacke die gesamte Schöne und den gesamten Garten zusammen, ohne diese so gemalte würde das ganze Bild zerfallen. Im Blauen Zimmer sind es die Wände, wo einiges los ist, und der Boden; die junge Frau selbst wirkt stilllebig.

Und meine liebe Werefkin – jetzt hängt links das Café und rechts der Nachtschwärmer – das macht was: zwingt mich zu einem neuen Blick: der geht bei mir von links nach rechts: vorher: die Wildnis mit dem Tier und dann das Café am Stadtrand, in das man sich im nächtlichen Sturm retten kann. Und jetzt? Aus dem letzten Menschenasyl rausgeworfen in den eisigen, nächtlichen, unheimlichen Wald?

Jawlenskys abstrakter Kopf gefällt mir; würde gerne ausprobieren, mit so einem anstatt dem üblichen herumzulaufen. Und „meine“ vier Kleeblätter: davon das Zwergenmärchen, wo alles pelzig oder schon im Status der beginnenden Abstrahlung ist, schon fast eine Energiebilddarstellung, und die gleichfalls magische Krähenlandschaft – das sind meine Kleefavoriten hier. Und Jawlenskys abstrakter Kopf der erloschenen Glut, weiblich, sonst würd ich den auch als Zweitvariante zu meinem kleinen glatzerten nehmen.

„Meine“ Kokoschkas! London und Dresden, was für eine Erholung. Besonders London, das beinah schon im Himmel ist. In Dresden – kommt mir vor – kündigt sich Unheil an – aber noch sind Stadt und Land frei. Und der liebe Arbeiter der lieben derer von Motesiczky – was für ein eindrucksvoller, freundlicher Kopf. Der Beckmann daneben scheint Angst zu haben – möge ich mich täuschen. Beim Kirchner läßt sich vermuten, dass die Rustikalität bei den Kühen bald weggesprengt wird und bei seiner Stadt Löbau droht auch schon die Verlichtung vom Hintergrund herein. Heckel ist gefräßig. Gut, das habe ich gestohlen.

 

(18.5.2022)

©Peter Alois Rumpf  Mai 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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