2551 Jesus Christus schüttelt den Staub
Erste Enttäuschung in der Lucy-Bar: die Kellnerin
telefoniert und telefoniert und telefoniert. Ich rufe „kriegt man da was?!“
Nach dem ersten Schluck Kaffee bin ich gleich versöhnlicher. Anruf Hannes
Priesch.
Politik – Religion – Gewalt. Austrofaschismus. Kreuzzüge.
Konzent. (? Wollte ich etwas anderes schreiben und ich habe meine üblichen
legasthenischen Verdrehungen und unglaublichen Auslassungen gemacht? Ich weiß
nicht, was gemeint sein könnte. Konzentrationslager zB ist es nicht. Das weiß
ich). Ein-Gott-Glaube – Polytheismus. Herbst 2022. Kleine Texte zu
verschiedenen Themen? JCh: schüttelt den Staub. Sub specie aeternitatis. Ich
selber habe meine „ewigen Anteile“ nicht in mein Leben gebracht. Ich weiß es
aber und hoffe, daß ich mir beim Sterben nicht in den Arsch beißen muß.
Ich betrachte das Dreieckchen einer der Modigliani-Frauen –
die auf dem Alberina-Plakat – das ich im vergrößerten Ausschnitt zurzeit als
Hintergrund für mein Handy-Display verwende. Besonders geil, wenn ich die
Funktion „öffnen“ drücke, um die Tasten zu sperren. Ich will so in vier Minuten
anrufen, um einen Zahnärztinnentermin auszumachen. Ich warte nicht länger.
Jetzt! 13:27. Zielperson nicht erreicht. Rückruf versprochen. So wie gestern,
wo der nicht gekommen ist.
Ich konzentriere mich wieder auf die Situation hier in der
Lucy-Bar. Einige Gäste. Ja, man kann sagen: hier fühle ich mich
(größenwahnsinnig großartig). Zweiter Cappuccino? Weiß noch nicht. Bin vom
Priesch'schen Angebot recht aufgescheucht. Rückruf erfolgt prompt. Di 25.1. 8h.
Dissau. „Na gut!“ sagt eine Dame zwei Tische weiter. Still schließe ich mich
dem an und bestelle noch eine Cappuccino. Ich versuche im Gesicht besagter Dame
zu lesen. Sie wirkt so bei sich, selbstsicher, nicht anfällig für Blödheiten.
Es gibt diesen Frauentyp. Jetzt will ich sehen, ob ich diesen Frauentyp
verstehen kann. Deswegen schau ich möglichst unauffällig zu ihrem Gesicht hin.
Nein, ich kann es nicht lesen. Jetzt gehen sie (sie und die Dame mit dem Rücken
zu mir). Bauchschneiden. Die Fahnen flattern im Wind. (Die Fahnen fladern den
Wind.) Seht wie die Wunden prangen (hatte gerade den Gedanken, dass meine
Gebrochenheit ein Erkenntnisvorteil sein oder werden kann) (hört! Hört!). Ist
unter der sprachlichen Kruste genug von mir spürbar? Und wenn nicht von mir,
dann vom Abstrakten? Bauchschneiden. Die Fahnen flattern im Wind und spiegeln
sich in der Glasschutzwand der Museumskassa. Bauchschneiden.
Zu viel Kaffee. Es hebt mich schon aus. Am verspiegelten Klo
wäre ich auf der Suche nach dem Herren-WC fast in einen Spiegel gelaufen. Und
in der Kabine habe ich im ersten Moment zwei Sitzgelegenheiten gesehen. Dann
habe ich mir und meiner Mimik beim Scheißen zugeschaut. Den Messerschmidt'schen
Grimassen nicht unähnlich. Jedenfalls schaut ein alter Mann her. Aber trotz
Allem hat er was! Der hat schon noch Chancen! Schaut gar nicht so schlecht aus!
Mein Gott! Wird das ein furchtbarer Text! Aber die Wahrheit und nichts als die
nackerte Wahrheit ist den Leserinnen zumutbar. Nur meine Wampe stört etwas.
In der Lucy-Bar hat sich alles gewandelt; ich merke es erst
jetzt: andere Leute, andere Stimmung. Ruhiger. Draußen flattern immer noch die
Fahnen sprachlos im kalten Wind. Nach Verlust des pf: lügender Bauer – oben bei
Maria Bilger. Soll ich nochmals raufgehen? Zeit hätte ich.
Himmel-Herr-Gott-nochmal! Hör doch auf zu schreiben, wenn dir momentan nichts
Wichtiges einfällt! Es können auch Illusionen sein, die einen in der Hölle
retten. Rhythmus und Bass des leisen, monoton gesungenen Liedes sind sehr toll.
(12.1.2022)
©Peter Alois Rumpf Jänner 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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