2421 Die sieben leeren Wäscheleinen
Der Schlauch vom Staubsauger umschlingt die gestapelten
Stühle wie die Schlangen die Laokoon-Gruppe und droht den einen
herunterzureißen. Ein Baustellen-Singsang dröhnt wie die Posaunen von Jericho
oder die des Jüngsten Gerichts, aber elegischer, melodiöser als erwartet. Die
sieben leeren Wäscheleinen, hoch über der Tür ausgespannt, als hätten sie eine
geheimnisvolle Botschaft, als wären sie ein magisches Omen, wie in einem alten
Bergmannfilm. Das trinitarische Einkaufswagerl – drei kleine Räder sind über
eine Achse so angeordnet, dass sie gemeinsam den Stiegensteigereffekt bewirken
– steht zu nah bei mir, der ich im großen Badezimmer am Klo hocke, ob als
Schutzgeist oder als Wärter – wer weiß.
Zurück in der Schlafnische decke ich mich warm zu und blicke
auf die weiße Wand und den ebenfalls trinitarischen Baum. Obwohl die Zahl drei
für Dynamik steht, ist es jetzt ruhig und still. Drei Blätter vom Baum bilden
einen grünen Vogel, drei Blätter, die sich in dieser Gestalt von ihrem Baum
absetzen und wegzufliegen anheben. Der Baustellensingsang klingt hier und jetzt
wie ein avantgardistisches Streichkonzert unter Dominanz von Cello und
Kontrabass (also T und B). Obwohl es schon gegen Mittag geht, werde ich noch
ein wenig zu schlafen versuchen; Das Freigabevisum zum Übertritt in die
Alltagswelt ist noch nicht ausgehändigt worden. Ich lege mich flach und das
kleine Badezimmer über mir und der Stauraum unter mir erfüllen mich mit
Ehrfurcht und Staunen (Scherz!).
(10.9.2021)
©Peter
Alois Rumpf September 2021 peteraloisrumpf@gmail.com
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