2265 Als Geisterfahrer in der Albertina
Als Geisterfahrer in die Albertina bin ich als erstes in den
letzten Saal der Landschaftsabteilung gegangen. Diese Wintersonne von Nolde, aber
auch die meisten anderen Landschaften in diesem Saal sprechen mich sehr an.
Selbstredend die Klees, zu dem ich, seit ihn mir der Neuvalis nahe gebracht
hat, halte, egal ob er in ist oder out. Überraschend für mich die
Feininger-Zeichnungen – aber nicht mit der mir heutzutage schwer
nachvollziehbare Faszination der damals modernen Eisenbahntechnik, die jetzt so
altmodisch-romantisch und überspitzt wirkt. Überraschend die gekonnte
Winterlandschaft von Corinth (ich mein, ich kenne auch viel zu wenig).
Nochmals: sehr, sehr, sehr beeindruckt bin ich von der
Landschaft zwischen Winter und Frühling (Villenviertel) von Klee. Ein
vollkommenes Bild; und ich bin mir nicht zu blöde herzuschreiben: und genau die
richtige Größe (Nicht zu viele Noten!)
Der Kubin in seiner Opiumsdüsterkeit und Weitsicht, so
stark, seine Schlachthausruine, der verrufene Ort, beim Schnapsbrenner.
Tatsächlich: wie ein Geisterfahrer bin ich gegen die
Ausstellungsrichtung gegangen und sitze jetzt vorm einzigen alten Werk, das
mich in dieser Sammlung wirklich anspricht: Rembrandts Skizze: der
Houthopersburgwal mit Uilenburg und Blick auf die Zuiderkerk, von 1647, aber
zeitlos. So etwas kann nur ein Meister, niemals die Stümper a là Dürer (Papier
ist geduldig; und weit ab vom Schuß und am Abstellgleis ist leicht und
trefflich frech sein!) (Außerdem: nicht nur Papier ist geduldig, auch Stoff;
dafür sind meine unzähligen T-Shirts mit selbstverfaßten Aufschriften Zeugen,
wie zum Beispiel: „Wundertäter“, „ich kann Sie verstehen“.)
Gegen diese Zumutung muß ich mich entschieden verwahren!
(Welche ist doch völlig wurscht – war eh nur in meinem Kopf.) Ich gehe nun zu
meiner Lieblingssammlung Batliner, und der Weiler begrüßt mich am Eingang.
Kurzer Besuch bei meiner Lieblingsecke: Manguins wunderschöner Weiberarsch,
Vuillards blaues Zimmer. Im Stehen halte ich es nicht lange aus. (Es gibt auch
absolut unfreiwillige Doppeldeutigkeiten.)
Erholung bei Werefkins magischen Erzählungen – wie immer
alles andere im Saal links liegen lassend außer Jawlenskys Berg und …
Und nun der Munch, der mir heute früh in Form einer kleinen
Kunstkarte so eingefahren ist. Zu recht, zu recht. Himmel und Erde und Meer
vereinigen sich: so berühren sich das Obere und das Untere im winterlichen
Grau.
Und jetzt vorm Gartenkokoschka schiele ich zu London und
Dresden hinüber. Die Nackte dort in der Ecke – ich schau nicht von wem – die so
ebenfalls ins Blickfeld gerät – reizt mich in ihrer Manieriertheit gar nicht.
Da gewinnt bei mir immer das Malerische!
Gegen die zwei Boeckl-Mädel habe ich auch nichts
einzuwenden. Gar nichts! (Als ob das eine Rolle spielte!)
Ich bekomme zu wenig Luft unter der Maske, ich werde bald
gehen.
Rasten beim saudepperten Kardinal, hinter ihm im Spiegel –
wie passend! - der Klee'sche Clown. Das Leptosome hilft dem Kardinaille auch
nicht; er ist genau so eine Witzfigur wie der pyknische Klaaun.
Ich muß raus! Luft! Gut schau ich im Spiegel aus:
Baskenmütze mit Kunstbutton, seriöse Lesebrille, meine zwei Zöpfchen, von mir
selbst bunt bekritzelte Fm4 – äh – FPP2-Maske, Lederjacke,
Geisterfahrerleiberl, Wampe, vom Notizbuch unzureichend abgedeckt, die Beine
überschlagen … so, jetzt gehe ich.
(25.5.2021)
©Peter Alois Rumpf Mai 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite