Donnerstag, 27. Mai 2021

2265 Als Geisterfahrer in der Albertina

 

Als Geisterfahrer in die Albertina bin ich als erstes in den letzten Saal der Landschaftsabteilung gegangen. Diese Wintersonne von Nolde, aber auch die meisten anderen Landschaften in diesem Saal sprechen mich sehr an. Selbstredend die Klees, zu dem ich, seit ihn mir der Neuvalis nahe gebracht hat, halte, egal ob er in ist oder out. Überraschend für mich die Feininger-Zeichnungen – aber nicht mit der mir heutzutage schwer nachvollziehbare Faszination der damals modernen Eisenbahntechnik, die jetzt so altmodisch-romantisch und überspitzt wirkt. Überraschend die gekonnte Winterlandschaft von Corinth (ich mein, ich kenne auch viel zu wenig).

Nochmals: sehr, sehr, sehr beeindruckt bin ich von der Landschaft zwischen Winter und Frühling (Villenviertel) von Klee. Ein vollkommenes Bild; und ich bin mir nicht zu blöde herzuschreiben: und genau die richtige Größe (Nicht zu viele Noten!)

Der Kubin in seiner Opiumsdüsterkeit und Weitsicht, so stark, seine Schlachthausruine, der verrufene Ort, beim Schnapsbrenner.

Tatsächlich: wie ein Geisterfahrer bin ich gegen die Ausstellungsrichtung gegangen und sitze jetzt vorm einzigen alten Werk, das mich in dieser Sammlung wirklich anspricht: Rembrandts Skizze: der Houthopersburgwal mit Uilenburg und Blick auf die Zuiderkerk, von 1647, aber zeitlos. So etwas kann nur ein Meister, niemals die Stümper a là Dürer (Papier ist geduldig; und weit ab vom Schuß und am Abstellgleis ist leicht und trefflich frech sein!) (Außerdem: nicht nur Papier ist geduldig, auch Stoff; dafür sind meine unzähligen T-Shirts mit selbstverfaßten Aufschriften Zeugen, wie zum Beispiel: „Wundertäter“, „ich kann Sie verstehen“.)

Gegen diese Zumutung muß ich mich entschieden verwahren! (Welche ist doch völlig wurscht – war eh nur in meinem Kopf.) Ich gehe nun zu meiner Lieblingssammlung Batliner, und der Weiler begrüßt mich am Eingang. Kurzer Besuch bei meiner Lieblingsecke: Manguins wunderschöner Weiberarsch, Vuillards blaues Zimmer. Im Stehen halte ich es nicht lange aus. (Es gibt auch absolut unfreiwillige Doppeldeutigkeiten.)

Erholung bei Werefkins magischen Erzählungen – wie immer alles andere im Saal links liegen lassend außer Jawlenskys Berg und …

Und nun der Munch, der mir heute früh in Form einer kleinen Kunstkarte so eingefahren ist. Zu recht, zu recht. Himmel und Erde und Meer vereinigen sich: so berühren sich das Obere und das Untere im winterlichen Grau.

Und jetzt vorm Gartenkokoschka schiele ich zu London und Dresden hinüber. Die Nackte dort in der Ecke – ich schau nicht von wem – die so ebenfalls ins Blickfeld gerät – reizt mich in ihrer Manieriertheit gar nicht. Da gewinnt bei mir immer das Malerische!

Gegen die zwei Boeckl-Mädel habe ich auch nichts einzuwenden. Gar nichts! (Als ob das eine Rolle spielte!)

Ich bekomme zu wenig Luft unter der Maske, ich werde bald gehen.

Rasten beim saudepperten Kardinal, hinter ihm im Spiegel – wie passend! - der Klee'sche Clown. Das Leptosome hilft dem Kardinaille auch nicht; er ist genau so eine Witzfigur wie der pyknische Klaaun.

Ich muß raus! Luft! Gut schau ich im Spiegel aus: Baskenmütze mit Kunstbutton, seriöse Lesebrille, meine zwei Zöpfchen, von mir selbst bunt bekritzelte Fm4 – äh – FPP2-Maske, Lederjacke, Geisterfahrerleiberl, Wampe, vom Notizbuch unzureichend abgedeckt, die Beine überschlagen … so, jetzt gehe ich.

 

(25.5.2021)

 

©Peter Alois Rumpf   Mai 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

 

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite