2255 Nasenstierler
Ich stierle mit diesem Wattedings in meinen Nasenlöchern –
fünf Mal hin- und herdrehen im linken, fünf Mal hin- und herdrehen im rechten –
über den Kopfhörer lausche ich Captain Beefheart an His Magic Band live in
Vancouver am 17.1.1981. Wohnort meines damals schon längst an Krebs
verstorbenen schwulen Onkels; ich selber stehe zum Zeitpunkt des Konzerts wie
immer im Chaos und ohne es noch zu wissen vor der Teilnahme an der
Trigon-81-Geschichte „Eine Glühende Kugel“ von Hannes Priesch, mit
weitreichenden Folgen, vielleicht hatte mir der Andy Chicken schon das Tarot
gelegt oder es wird bald geschehen, REM gibt es noch nicht, aber einige der
Wurzeln wachsen gerade. Dann nehme ich das Stäbchen am wattefreien Ende in den
Mund, reiße den Verschluß vom kleinen Testflüssigkeitsbehälter ab und gieße das
Zeug in das dafür vorgesehene Röhrchen und stecke dann das wattierte und mit
meinen Nasenkeimen verseuchte Staberlende hinein und drehe wieder, lasse es
abgestoppte dreißig Sekunden drinnen, nehme den Wattestierler wieder heraus,
schiebe ihn in sein urspüngliches Behältnis, verschließe das Röhrchen mit dem
dazu gehörigen Tropfer und gebe drei sorgsam abgezählte Tropfen in den bereit
gelegten Testdings (ich habe schon Schwierigkeiten mit Wörtern und Begriffen,
meine Vergesslichkeit und Wortsucherei nimmt in letzter Zeit rapide zu) und
jetzt warte ich, immer noch mit Captain Beefheart and His Magic Band, bis die
zehn bis zwanzig Minuten um sein werden. Ein positives negatives Testergebnis
zeichnet sich schon ab.
Jetzt ist die Stoppuhr auf sieben Minuten und blblbla
Sekunden (ich komm nicht nach). Ich lehne mich in meinem bequemen
Schreibtischstuhl zurück und höre die Live-Versionen der mir bestens vertrauten
Musikstücke. Ab und zu nehme einen Schluck kalten Kaffees zu mir.
Wann ist zwischen zehn und zwanzig Minuten? Oder genauer:
wann ist der richtige Zeitpunkt zwischen zehn und zwanzig Minuten zum Aufhören?
Siebzehn Minuten: in einem mutigen Entschlussakt stelle ich
die Stoppuhr ab und merke mir: Testergebnis negativ.
Was für eine großartige Musik!
(19./2.5.2021)
©Peter Alois Rumpf Mai 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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