Mittwoch, 11. November 2020

2065 Ganz unten

 

Ich sitze im Brunnen. Dort halte ich mich versteckt. Schnurren und Surren. Der Brunnen ist trocken, er hat kein Wasser mehr. Wie gesagt, ich halte mich versteckt; ich kann jederzeit raus. (Oder bin ich im Bauch des Walfisches?)

In Wirklichkeit hocke ich natürlich nur in meinem Bett. Der kleine aber hohe Raum hat mir die Vorstellung geschenkt, unten in einem Schacht zu sitzen. Keine unangenehme Vorstellung – so von der Welt weggeduckt. Und nach oben offen. Ich hocke unten und schreib mein Leben auf.

Ich will nicht schlafen. Ich könnte stundenlang so dahocken. Aber aus Pflichtgefühl werde ich es nicht tun. Das wär schon was: so lange da sitzen, bis ich ein anderer Mensch bin. Der richtige. Der eigentliche. Tun kann ich nichts mehr. Mein Leben ist gelaufen. Ich schaue nur mehr zu. Entweder aus dem Fenster oder auf den Bildschirm. Und hier erhole ich mich und lasse alles ausklingen.

Nein, ich mag nicht schlafen. Ich will sitzen und meine Augen herumwandern lassen, den Blick auf nichts Bestimmtes. Was an Bildern reingeht, geht rein; was nicht reingeht, bleibt draußen.

 

 

(9./10.11.2020)

 

©Peter Alois Rumpf   November 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

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