1615 Die innere Schlittenfahrt
Aus einem Gewohnheitstraum bin ich sprach- und ichlos
aufgewacht. Auch innen bin ich ohne Sprache und nicht in der Lage, einen
Gedanken zu fassen. Es ist noch recht früh. Mein Kopf ruht bei meiner
Hockschreiberstellung schräg nach links verrutscht auf dem obersten Polster;
das Gesicht schief nach oben und hinten spüre ich meine Augäpfel als enorme
Gewichte in den Augenhöhlen. Kurz, dann ist das wieder vorbei. Als Nachklang
fühle ich die Augäpfel in ihren Tränenseen schwimmen. Auch das nur kurz.
Ich hole mir vom schnurrenden Rücken rechts neben mir
Weichheit für meine Schreibhand. Mein Mund fühlt sich von innen weit
aufgerissen an, ist aber außen fest geschlossen. Auch diese Verschlossenheit
wird etwas weicher.
Die Fensternische mit der heruntergelassenen Rollo scheint
besondere Intensitäten zu bergen. Voll davon hat sie ihre Gestalt intensiviert.
Ein paar Minuten später wirkt sie wieder normal.
In meiner Innenwelt ruft jemand die spanische Polizei an,
wegen irgendeines Delikts, das ich begangen haben soll.
Die Totenmaske eines Lebenden.
Auszug aus dem Lotteriebereich.
Ein Löffel, der eine Keramikschale berührt, reißt mich
wieder aus dem Schlaf und läßt mich bei unbewegtem Körper hochfahren.
Die Aktivitäten der Wesen drehen sich um das Wasser in der
Karaffe.
Während ich in meiner Innenwelt eine Tab für den
Geschirrspüler in der rechten Hand halte, entzieht sich die Katze ebendieser
Hand, steht auf und geht weg. Der Vorgang schaut aus, als würden sich zwei
überlagerte Filme auseinander schieben.
Der Innenraum füllt sich mit bordeauxrotem Plüsch ohne
vulgär zu wirken.
In der Innenwelt will man mir ein Zeitungsabo einreden, in
der äußeren zischt, brodelt und kreischt die Kaffeemaschine von der Küche
herauf.
Ist jetzt mein angezogenes linkes Bein nur in der Innenwelt
verrutscht oder auch draußen? In der Innenwelt jedenfalls war es eine
gigantische Verschiebung und hat mich aus dem beginnenden Einschlafen
herausgeholt.
Der Zeitlupenbuddha in meinem Inneren erklärt mir was,
irgendwas, wie ich mein Lokal zu führen habe. Die Chefin ist eine Frau.
Deutlicher: ich als Chef meines Lokals bin eine Frau; ich, der ich dem Buddha
zuhöre, kann sie dort stehen sehen.
Ich halte … fern. Wer, was, wie – weggerutscht.
Beim Antauchen für die innere Schlittenfahrt bewege ich auch
meine realen Schultern.
(26.11.2019)
©Peter Alois Rumpf, November 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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