Donnerstag, 29. August 2019

1475 Eine Schande, was ich da zusammenschreibe!


Ich kann meine Wahrnehmung photoshoppen: ich schaue ins Narrnkastl (jetzt aktuell im Gastgarten des Klostergasthofes Heiligenkreuz mit Blick auf Brunnen und Nordtor – das Glockenspiel geht gerade los.) (Weil daneben am Riesentisch eine Wiener Senioren-Autobus-Partie ißt und trinkt: Geschimpfe auf Wiener Wohnen: „keiner kennt sich aus, sie wissen nichts, kennen das Haus nicht. Früher hat es einen Hausingeneur gegeben, der gewußt hat, wo welche Kabel, Leitungen etc verlaufen, jetzt werde ich von Wiener Wohnen dauernd angeschrieben, dass ich auf meine Kosten irgendwelche Kabel entfernen soll, die ich nicht verlegt habe und wo ich gar keinen Schlüssel für den Zugang dazu habe und ich habe schon mehrmals angerufen und niemand kennt sich aus; ich ja auch nicht! Und der Hausingeneur früher ist regelmäßig vorbei gekommen und hat nachgefragt, ob alles in Ordnung ist, hat sich alles aufgeschrieben, wenn etwas nicht funktioniert hat und sich darum gekümmert; jetzt mußt du sechzigmal über sechs Ecken anrufen und keiner kann dir kompetente Auskunft geben. Außerdem hat es früher auch einen Hausvertrauensmann gegeben, an den man sich wenden konnte ....“ Nur für den unwahrscheinlichen Fall, daß jemand von der Wiener SPÖ meine Texte liest: wie es eure Klientel erlebt.)
Ich schau ins Narrenkastl auf das Nordtor und klick! ein Ruck – etwas ist anders an der Struktur des wahrgenommenen Bildes, das es verändert, obwohl Formen und Farben gleich geblieben sind.

Jetzt, nachdem ich Wildragout mit Marmelade schneller gegessen habe, als die Wespen es überrissen haben, jetzt geht das Photoshoppen nicht mehr. Zu voll! Zu satt!

Und diese eigenartigen, leicht horriblen Wasserspeiermasken am Brunnen mit ihren unkonventionell aufgerissenen Mündern …

… ein junger Kellner, der den Wespen-Fliegen-Krieg an den Speisetischen in eine Sciencefiction-Story einbaut (die Dings (Wespen) sind die Herren und die Dangs (Fliegen) sind die Sklaven und müssen den Dings dienen und Essen herbeischaffen … er hat natürlich echte Filmnamen verwendet, die ich nicht kenne – aber ich schließe daraus: die mythische Weltsicht gewinnt!)

… Mutter und Tochter im Partnerlook – oder doch ältere – jüngere Schwester? - wie soll ich das wissen! Ich bin ja kein Seher!

… richtig alte Frauen, die ständig an ihren Kostümen, Röcken, Blusen, Kleidern herumzupfen.

Ach tut das in schwerer Depression gut, ordentlich zu essen, mit – sorry! - so steht's auf der Karte: Mohr im Hemd mit einer Kugel Vanilleeis und Kaffee und dann noch einen Eiskaffee hier, im immer stiller werdenden Gastgarten, weil der Autobus mit den Wiener Senioren am Abfahren ist. Fahrt ab! Ich höre wieder im Brunnen das Wasser plätschern. 
Nun in die Kirche. Ich nehme meine Kappe ab, tauche meine rechte Hand ins Weihwasserbecken und mach brav mein Kreuzzeichen. Nehme Kerzen, die ich bezahle, zünde sie an, spreche kurz und schlampig zwei Gebete, dann setze ich mich in die Bank, direkt vor mir: eine Tafel, die Photographieren und Handy verbietet. Ja, eh! Ich merke, ich habe schon ziemlich viel Aversion aufgezogen. Orgelübungsspiel (Schubertmesse). Nichts paßt zusammen. Vorbei, meine Herren! Es ist vorbei! (als ob ich das wüßte!) „Dome der menschlichen Selbstüberschätzung“ (C.C.)
Ich gehe hinaus in den inneren Hof.

Der sanfte Wind hier, das stille Rauschen in den riesigen Platanen und das unaufdringliche Plätschern dieses großen, prächtigen Brunnens hier beruhigen mich und besänftigen ein wenig meine Verbitterung. Bei Tageslicht betrachtet: so toll ist der Hintern der frommen Frau, den ich vorhin in der Kirche kurz aber ansatzweise andächtig betrachtet habe, gar nicht. Aber was soll's, es geht mich alles gar nichts an. Ich habe hier in der Welt, dort in der Welt, in jener Welt, in jeder Welt nichts verloren. Ich bin überall im Ausland. Das Einzige, das manchmal von meiner unwiderruflich verlorenen Was-weiß-ich-was herüberweht, ist die Musik.

Jetzt ist die fromme Frau mit ihrer Tochter nahe an mir vorbeidefiliert, hat sich vor mich hingestellt und das Kirchenportal photographiert und ich muß sagen: so schlecht ist ihr Arsch gar nicht! Nein! Schöne Rundung! Aber wie gesagt: geht mich nichts an, nicht für mich.

Eine Stunde noch bis zum Autobus; mir ist jetzt schon fad vor lauter Resignation.
Die Kuttenbrunzer tragen immer Bücher in ihrem linken Arm – wie ich sie um ihre Büchererlaubnis, die Erlaubnis zu lernen und zu lehren beneide! Auch wenn sie nichts zustandebringen ist ihre Existenz besser und sinnvoller als meine. Dabei könnte ich denen ordentlich aufmischen! (ja, ja, Burschi! Allzu-spätpubertärer Anfall, wie?)
Die fromme Frau mit Tochter geht mit einem Kuttenbrunzer mit Buch in der linken Hand mit und sie verschwinden in einer Tür. Der Wind meint es gut mit mir und läßt mir zum Trost die Platanen tanzen. Kokett drehen sie sich vor mir einmal nach links, dann nach rechts, nach links, nach rechts, nach links, nach rechts … dann kräuseln sie die Blätter und schütteln ihre Zweige, wie ich meine Hände, wenn ich beim Tensegrity die Energie aufwühle und mische (lang, lang ist's her).

Kuttenbrunzer und Kettenraucher? Ich sage ja! Wer will das schon überprüfen! Es ist völlig wurscht, was ich sage, ob es stimmt oder nicht.

Übrigens sehe ich eine Pest-Dreifaltigkeits-Marien-Sieges-XY-Säule von hinten. Schaut aus wie ein übergeschnappter, ausgelassener, musical-dancingender, ein paar Meter in die Höhe geschmissener und dann zu Stein erstarrter Inhalt eines Käfigs voller Narren. Mit ihren verdrehten, dekadenten Gesten und Körperhaltungen. Und unten im festen und geometrischeren Sockel die leidenden Jammerlappen (das schreibe ich!) mit ihren schräggestellten Köpfen. Aber das Glockengeläut – ich wollte gerade beginnen, über es herzuziehen – nein, das kann und will ich nicht verunglimpfen; das schlägt bei mir eine schöne Saite an.

Meine Füße tun mir weh vom Wandern, mein Arsch tut mir weh vom Sitzen, mein Kreuz tut mir weh von … Heiligenkreuz? Weil ich mich gestern über den Tisch habe ziehen lassen? Von dem, was ich alles herumschleppe?

Ich pepp das Ganze mit den Red Hot Chili Peppers auf! Los geht's!

Zwei müde Kuttinger ohne Bücher.

Jetzt geht mein Blick auf Dach, Dachfenster, Rauchfänge, Entlüftungsschlötchen, komische Dachbalustradenfiguren inklusive Krone, die wie eine Spinne ausschaut, eine naive Gams, verstümmelt wirkende Figürchen, Köpfchen, Dachspitzerln, Dachreiter – scheiß drauf! Keine Lust mehr! Ich habe meine Verzweiflung nicht vertreiben können.

Weil ich an meiner Frau Ärgernis genommen habe: Trennung von Tisch und Bett und Bildschirm.









(28.8.2019)










©Peter Alois Rumpf,  August 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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