1199 Manchmal beim Vogelparadies
Ich sitze in der Nähe des Seeufers und schaue auf das
Uferwasser und den Schilfgürtel dahinter. Ich sehe Schafe, Störche, ich glaube
Graugänse, ich glaube Reiher und weitere Vögel, die ich nicht richtig benennen
kann. Gleichzeitig erzählt mir Antony, daß das der Platz ist, „where all the
devils bleed“ (ja, ja, ich weiß schon: er singt nicht „place“ sondern „face“ –
ich verstehe es halt immer falsch!) (Oh! Er singt doch „place“; vielleicht
singt er beides.) (Ja! Aber
„this is the place, where all the junkies go“.)
Die Schafe ziehen von rechts nach links, von der Sonne weg,
die mir einen Kugelschreiber- und Handschatten auf die Notizbuchseite macht,
die mich beim Schreiben irritieren. Das
ist jedoch wichtig: es ist die Sonne, die die Schatten macht!
Ein leichter Wind bewegt die Gräser und manchmal auch eines
der braunen, baumabgefallenen Blätter, die hier massenhaft herumliegen: ganz verkrümmt noch von ihrem Todeskampf (Antony singt: „all I ever wanted was your lie“). Daß die Blätter
gestorben sind – dahinter kann ich nicht mehr zurück.
Ein Flugzeug nach dem andern dröhnt sich durch die Musik und
so mancher Vogelschrei kommt auch manchmal deutlich, manchmal geradenoch durch.
Ein Sonntag mit Sonnenschein. Jetzt erst merke ich es: ich
sitze zwischen zwei Platanen, die Bäume mit für unsere Breiten recht bunter
Rinde, die sie Stück für Stück abwerfen.
In etwa zehn bis zwanzig Meter Entfernung bewegt ein hier
noch unbemerkbarer Wind die braunen Blätter am Boden; zuerst kreiselt er dort, dann kommt er mit
seinen mitgenommenen Blättern auf mich zu und jetzt, jetzt ist er da! Ein
Schauder überrieselt mich, der Wind wird stärker und dreht einige Blätter vor
mir – ich schaue mich um – und hinter mir und links, rechts gilt’s! um.
Ich bin am Kongress der leichten und stärkeren
Verschiebungen und trage auch so ein Bandl mit Identifizierungsmarke um den
Hals, weswegen ich mir wichtig vorkomme (wenn ich nur wüßte, welche Identität zu mir gehört – auf
der Karte oder Marke steht nur eine
dreistellige Zahl).
Der Wind bläst mir auf den Hinterkopf und das
Blätterballett geht weiter. Majestätisch und in Würde (die mir fehlt)
schreitende Störche breiten manchmal ihre beeindruckenden Flügel aus (wie ich
manchmal in ganz anderer Stimmung meine unwürdige Lebensgeschichte) und fliegen
manchmal sogar ein paar Meter (was ich
mit meiner krampfhaft festgehaltenen Biographie nicht kann).
Sind das jetzt Stare, die da angekommen sind? Eine Krähe ist
auch da und fliegt näher, um mich zu begutachten. Und?! Gibst du mir einen Tipp, verehrter Krähenvogel? Kannst du mir etwas sagen, was
mir auf meinem Weg weiterhilft? Ich bin auf meiner Reise schon etwas müde
geworden und möchte gern das letzte Wegstück genießen und glücklich sein. Ja
gut, so weit bin ich, der ich da in der Sonne sitze und ins Vogelparadies gaffe,
im Moment gar nicht davon entfernt. War das deine Botschaft, lieber
Krähenvogel? Na denn, dann danke!
(23.12.2018)
©Peter Alois Rumpf
Dezember 2018
peteraloisrumpf@gmail.com
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