Freitag, 28. Dezember 2018

1199 Manchmal beim Vogelparadies


Ich sitze in der Nähe des Seeufers und schaue auf das Uferwasser und den Schilfgürtel dahinter. Ich sehe Schafe, Störche, ich glaube Graugänse, ich glaube Reiher und weitere Vögel, die ich nicht richtig benennen kann. Gleichzeitig erzählt mir Antony, daß das der Platz ist, „where all the devils bleed“ (ja, ja, ich weiß schon: er singt nicht „place“ sondern „face“ – ich verstehe es halt immer falsch!) (Oh! Er singt doch „place“; vielleicht singt er beides.) (Ja! Aber „this is the place, where all the junkies go“.)

Die Schafe ziehen von rechts nach links, von der Sonne weg, die mir einen Kugelschreiber- und Handschatten auf die Notizbuchseite macht, die mich beim Schreiben  irritieren. Das ist jedoch wichtig: es ist die Sonne, die die Schatten macht!

Ein leichter Wind bewegt die Gräser und manchmal auch eines der braunen, baumabgefallenen Blätter, die hier massenhaft herumliegen: ganz verkrümmt noch von ihrem Todeskampf (Antony singt: „all I ever  wanted was your lie“). Daß die Blätter gestorben sind – dahinter kann ich nicht mehr zurück.

Ein Flugzeug nach dem andern dröhnt sich durch die Musik und so mancher Vogelschrei kommt auch manchmal deutlich, manchmal geradenoch durch.

Ein Sonntag mit Sonnenschein. Jetzt erst merke ich es: ich sitze zwischen zwei Platanen, die Bäume mit für unsere Breiten recht bunter Rinde, die sie Stück für Stück abwerfen.

In etwa zehn bis zwanzig Meter Entfernung bewegt ein hier noch unbemerkbarer Wind die braunen Blätter am Boden;  zuerst kreiselt er dort, dann kommt er mit seinen mitgenommenen Blättern auf mich zu und jetzt, jetzt ist er da! Ein Schauder überrieselt mich, der Wind wird stärker und dreht einige Blätter vor mir – ich schaue mich um – und hinter mir und links, rechts gilt’s! um.

Ich bin am Kongress der leichten und stärkeren Verschiebungen und trage auch so ein Bandl mit Identifizierungsmarke um den Hals, weswegen ich mir wichtig vorkomme (wenn ich nur wüßte, welche Identität zu mir gehört – auf der Karte oder Marke steht nur eine dreistellige Zahl).

Der  Wind bläst mir auf den Hinterkopf und das Blätterballett geht weiter. Majestätisch und in Würde (die mir fehlt) schreitende Störche breiten manchmal ihre beeindruckenden Flügel aus (wie ich manchmal in ganz anderer Stimmung meine unwürdige Lebensgeschichte) und fliegen manchmal sogar ein paar Meter (was ich mit meiner krampfhaft festgehaltenen Biographie nicht kann).

Sind das jetzt Stare, die da angekommen sind? Eine Krähe ist auch da und fliegt näher, um mich zu begutachten. Und?! Gibst du mir einen Tipp, verehrter Krähenvogel? Kannst du mir etwas sagen, was mir auf meinem Weg weiterhilft? Ich bin auf meiner Reise schon etwas müde geworden und möchte gern das letzte Wegstück genießen und glücklich sein. Ja gut, so weit bin ich, der ich da in der Sonne sitze und ins Vogelparadies gaffe, im Moment gar nicht davon entfernt. War das deine Botschaft, lieber Krähenvogel? Na denn, dann danke!









(23.12.2018)











©Peter Alois Rumpf  Dezember 2018  peteraloisrumpf@gmail.com

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