1191 Die Rezeptionsdamen
Jetzt bin ich hier und schaue vom Bett aus in einen Innenhof
und auf Mauern. An der Rezeption hatte sich eine Dame beschwert, daß ihr Mann
ein schlechtes Zimmer ohne Sonne und mit Blick nur in den Innenhof hat, er
jedoch ein besseres brauche. Könnt schon sein, daß ich jetzt dieses abgelehnte
Zimmer habe. Vielleicht hatten die Rezeptionsdamen schon bemerkt, daß man –
hier richtiger: frau das mit mir machen kann, denn obwohl ich als erster hier
angekommen bin, bin ich nicht als erster beim Einchecken drangekommen und habe
mich nicht beschwert. Unglaublich, mit welcher Unverfrorenheit und
Selbstverständlichkeit sich manche vordrängen und dabei mit Unschuldsmine so
tun, als hätten sich es nicht gemerkt. Ich halte den Ärger zurück
(hauptsächlich darüber, nicht wahrgenommen und respektiert worden zu sein),
versuche aber, darauf zu vertrauen, daß mir die Götter schon einen guten Platz
zukommen lassen; einen guten Platz nicht unbedingt für mein Ego, aber für mein
wahres Selbst.
Jetzt bin ich also hier und schaue in den Innenhof auf die
Hausmauern und auf einen halben Apfelbaum, wie es sich eben mit dem
Fensterausschnitt ergibt. Seine kahlen Äste zittern im Wind, die letzten
braunen Blätter vibrieren und es schaut so aus, als blieben sie am Baum.
Kein schlechter Anblick: die schützenden Mauern sind U-förmig (die Seite zum See hin ist offen, und
wenn ich ans andere Fenster trete, kann ich einen kleinen Ausschnitt sehen) und
tief im windgeschützten U der einsame, nicht allzu große Apfelbaum mit seinen
graphischen Ästen. Ich glaube, die Götter meinen es gut, denn sein sanfter
Windtanz hat etwas … hat etwas … - hat etwas.
(19.12.2018)
©Peter Alois Rumpf Dezember 2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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