Freitag, 28. Dezember 2018

1198 Am Platz meiner Wahl


Am Platz meiner Wahl. Ein Spion, ein Voyeur im Auftrag von Nichts schaue ich zum glasigen Eingang hinunter. Eine Frau hält einen Apfel in der Hand. Den Arm abgewinkelt und die Handfläche nach oben wirft sie den Apfel mehrmals in die Höhe und fängt ihn wieder auf, während sie mit einem Mann spricht. (Mich würde interessieren, ob sie Eva heißt.)

Die aufgeklebten Spiralen an den zwei Eingangstürflügeln – paßt das zusammen? – fliegen und in der Labyrinthgasse versacken? Kraft meines Amtes im Auftrag von Nichts sage ich: ja! In Zeiten automatischer Türen darf auch gepickt werden.

Heute sind viele Paare unterwegs. Die unechten Einzelgänger fallen auf, wie sie vor der Eingangstür hin und her gehen und jedesmal die Türöffnerautomatik auslösen. Bis dann die erwartete Besucherin eingetroffen ist. Trotz einhaken und aneinander drücken bleibt Fremdheit und Luft nach innen (ich spiele Lieber Gott wie dieser verdammte Lichtträger: ich habe nichts zu beurteilen!).

Meine müde Trauer läßt mich auf allen Gesichtern müde und traurige Ratlosigkeit sehen. Es ist hart, aber wir sind nicht erlöst. Wir haben es nicht geschafft. Ich kann mich mit dieser Normalität nicht und nicht abfinden. In einem kurzen Moment, wo die frisch herausgekommene Sonne den Bereich vor der Tür sanft und zurückhaltend bescheint, bevor sie gleich wieder verschwindet, entscheide ich, es nicht allzu schwer zu nehmen. In meinen Ohren bearbeitet John Frusciante genau diesen Schmerz und macht ihn schön, als wieder die Sonne herauskommt und in meinen Ohren lacht.

Mir gefallen die Lüftungsblenden, wo sechzehn Lüftungsschlitze so in einem linksdrehenden Kreis angeordnet sind, daß sich innen ein optisches Kreissägeblatt bildet.

Ich bin froh, unter dem Glasdach Spinnweben zu finden.

Wieder Sonne! Halt! Ich will hinunterlaufen und sie anschauen („Oh gute Sonn, du schöner Stern, wir wollen dich anschauen gern“). Zu spät.

Es regnet in Strömen und ich bin froh, daß ich in diesem Palast wohne.










(22.12.2018)












©Peter Alois Rumpf  Dezember 2018  peteraloisrumpf@gmail.com

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