Sonntag, 2. Dezember 2018

1174 Der falsche Termin


So früh bin ich schon lange nicht mehr unterwegs gewesen: um halb sieben aufgestanden – ich, der ich in letzter Zeit immer bis Mittag geschlafen, respektive gedöst habe und mindestens bis zwei Uhr früh wach war – heute Nacht sogar bis vier Uhr (die Nerven! Die Nerven!). Also: plötzlich Wecker und aufgestanden und zu einem fragwürdigen Zahnarzttermin gegangen (aus den Ohrenstöpsel RHCP Freaky Style – sehr empfehlenswert!). Das war nämlich so: am Montag war ich im Zahnambulatorium, ein neuerlicher Termin wurde für Dienstag nächste Woche vereinbart, aber vorgestern bekam ich eine E-Mail, daß heute um halb neun ein Termin sei. Ich war verwirrt, habe meine Terminkarte und meinen Kalender konsultiert, alle (fast alle – ich übertreib gern) Notizzettel durchgeklaubt: nirgends finde ich den Termin. Zuerst vermute ich einen vergessenen Zahnhygienetermin, bis sich herausstellt: nein, die sind erst im Februar. Gut, ich rufe an. Eine freundliche Dame: zuerst bestätigt sie mir, daß dieser Termin eingetragen ist. Ich erkläre ihr aber: … Montag … Di nä Wo … etc. Sie, sehr freundlich: ich rufe DrDr. XY an. Hebt nicht ab. Ruft nochmals an. Hebt nicht ab. Sie erklärt mir: ich gebe einen Rückruf ein. Das heißt Dr.Dr. XY wird mich zurückrufen. Bis 21 Uhr trage mein strahlendes Handy in der Hosentasche (Meine armen Spermien! Ach! Eh schon wurscht!). Geh ich hin oder geh ich nicht hin? Ich bin mir ziemlich sicher, daß das ein falscher Termin ist, aber – gutmütig wie ich bin (um kein anderes Eigenschaftswort zu benützen), beschließe ich, heute trotzdem diesen Termin einzuhalten. (Unter uns und hinter vorgehaltener Hand gesagt: ich hab mir gedacht, ich nütze den Termin, um mich zum Aufstehen zu zwingen und wieder einmal vormittags, nach der Zahngeschichte, einen Kaffeehausbesuch zu genießen.) Also: ich marschiere (wie gesagt: RHCP Freaky Style) hin, am „Empfang“ beim Glaskastl (ja keinen übermäßigen Kundenkontakt!) erkläre ich das nochmals, zeige meine papierene Terminkarte und bitte um Klärung. Sie schaut nach: der Termin ist im Computer eingetragen (das weiß ich schon): „ich schick Sie einmal rauf!“ (zu Dr.Dr. XY). Ich frage, ob man (frau! - falsch gesagt!) das nicht von hier aus klären kann, denn erfahrungsgemäß wartet man auch dort trotz Termin mindestens eine halbe Stunde. „Na, do miassn scho söba schaun, wos de do obm draht hom!“ (Ganz so leicht ist hier die Höflichkeit nicht, wie sie es am Telefon ist.)

Ich gehe hinauf, werfe mein Karterl in den Türschlitz, wie ich es schon brav gelernt habe, und warte. Zirka eine Stunde. Dann kommt die letzte Patientin vor mir wieder aus dem Ordi-Zimmer. Dann ist Stille. Ich amüsiere mich schon ein wenig. Eine weißgemantelte Assistentin stürzt heraus und stöckelt, eigentlich: ( - wie heißen diese Holzschlapfen mit den dicken Sohlen? Klocks?) klockselt mit erhobener Nase (sie werden doch vor ihren Patienten kleine Angst haben?) zum Lift, fährt hinunter – aha! - denke ich mir, jetzt schauen sie, ob meine Prothese schon fertig und geliefert ist!
Sie kommt herauf, klockselt wieder in die Ordi, die sie mit elegantem Hüftknick aufsperrt. Stille. Stimmt nicht ganz, man hört leise diskutierende Stimmen. Endlich geht die Tür wieder auf und ich werde ganz höflich mit Herr Magister aufgerufen. Und – was stellt sich heraus? Der Termin war ein Fehler. Keiner weiß, wie das passieren konnte. Ich sage noch, daß ich mich nicht über den Fehler ärgere - „Fehler habe ich selber schon viele gemacht“ - jedoch darüber, daß ich das nicht telephonisch klären konnte, denn das wäre unprofessionell. Aber lange hänge ich den Verärgerten nicht heraus - den nicht getätigten Rückruf erwähne ich gar nicht - bald schwenke ich auf verständnisvoll und versöhnlich ein, obwohl mir die Aussage „ich werde Ihre Beschwerde weiterleiten“ ein inneres Lächeln der milden Ungläubigkeit hervorruft.

Ich gestehe: ich habe schon im Vorfeld überlegt, ob ich mehr auf einsichtig, demütig machen soll oder ob ich die Rolle des verärgerten Kunden (- von mir aus gesehen; von ihnen aus gesehen: den verärgerten Bittsteller?) genießen soll. Ich hatte mir eine Mischung mit ein wenig Ärger ausgesucht. So richtig loszulegen – das hätte ich mit diesen Menschen nicht wirklich zustandegebracht.

(22.11.2018)




Nachtrag 1.12.2018: Was ich noch nicht wußte: beim richtigen Termin war meine Zahnprothese „aus technischen Gründen“ auch noch nicht fertig, also war der Termin auch fürn Hugo (ich habe gesagt: „Wenn ich ein Zyniker wäre, würde ich sagen: „Keine Sorge, ich bin's eh schon gewohnt!“ Aber ich bin kein Zyniker, drum sage ich es nicht“). Und als ich zum neuerlichen Termin gestern gekommen bin, war dieses Ding zwar fertig, aber hat aus unerfindlichen Gründen nicht gepaßt. Mei, is des lustig!









©Peter Alois Rumpf     November/Dezember 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


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