Montag, 15. Oktober 2018

1141 Ende der Diskussion! Und Maul halten!


Ich habe vor kurzem in der Kleinen Zeitung Graz gelesen, daß ein rumänischer Bettler wegen gewerbsmäßigem Betrug verurteilt wurde, weil er beim Betteln ein körperliches Gebrechen vorgetäuscht hatte – nämlich eine Krücke verwendet hat, die er gar nicht braucht.

Alter Schwede! Wer zeigt so etwas an? Und das Urteil kann man nur als rassistisch beurteilen, wenn meine Vermutung stimmt, daß der Bettler der zur Zeit in Europa am meisten verfolgten Ethnie angehört. Und außerdem ist es ein antisoziales Urteil, weil es nur gegen Arme gerichtet ist. Wie zum Beispiel auch das gesetzliche Verbot von Obdachlosigkeit in Ungarn (Aha, denkt sich der Obdachlose, dann investiere ich halt in eine Eigentumswohnung!).

Zunächst möchte ich erklären, daß ich jemand bin, der Bettlern ab und zu etwas gibt. Da gibt es welche, die mir sympathisch sind, und welche die mir nicht sympathisch sind. Manchmal ist mir einer auch lästig (aber da kann ich „Neinsagen üben“). Wem ich wieviel gebe, ist jedoch ganz meine freie Wahl - im Gegensatz zu den Steuern etwa, da habe ich keinen Einfluß drauf, welche Gauner ich auf höchstem Niveau mitfüttere. Wenn ich auf einen „falschen“ Bettler hereinfalle, ist das meine Sache, und wenn ich will, kann ich daraus etwas lernen. Außerdem rechne ich damit, daß es zum „Geschäftsmodell Betteln“ gehört, sich als besonders bemitleidenswert zu präsentieren („Ist da jemand?“ - da leben dann möglicherweise auch einige Wichtigtuer davon).

Und die legalen Betrügereien? Die Waren so zu verpacken, daß sie nach mehr Inhalt ausschauen, als drinnen ist? Farbstoffe in Fleisch, Säfte und andere Lebensmittel, damit sie frischer ausschauen? Nachdatieren? spezielle Beleuchtungen? unseriöse Werbeversprechen und und und? Oder Geräte so zu bauen, daß sie geplant früher kaputt gehen als nötig? Oder die Autoindustriebetrüger, die mit Millionen Abfertigungen und Millionenpensionen ausscheiden? Oder der Steuerbetrug mit Briefkastenfirmen, wo jeder weiß, daß das keine richtigen Firmen sind, sondern vorgetäuscht? Wo ist da die Gerechtigkeit? Und da will ich mich über Bettler aufregen?

Ich möchte noch etwas sagen: meine Erfahrungen mit Bettlern/Bettlerinnen sind überwiegend positiv. Ich habe mich schon manchmal über den einen oder anderen geärgert, aber bei denen, wo ich sozusagen Stammkunde bin, haben sich schöne Zeremonien eingebürgert: wir verneigen uns bei der Begrüßung höflich voreinander, und/oder schlagen beide ein Kreuzzeichen, wünschen einander Gesundheit für uns und unsere Familien (sanitate!) und manchmal Gottes Segen. Aber auch bei gelegentlichem Kontakt, wenn ich irgendwo unterwegs bin, ist mir aufgefallen, daß ich vor allem von afrikanischen Bettlern oft ein „God bless you!“ höre (und ich kann's brauchen!). Eine solche Kommunikation ist mir tausendmal lieber als diese ganze Spießerraunzerei und Pöbelaggressivität.

Wer zeigt soetwas an? Wer den Bettlern ihren Beruf (eigentlich beten; wie Wissenschaftler für Wissen schaffen bezahlt werden) neidig ist, kann ja seinen Beruf aufgeben und sich zum Betteln auf die Straße stellen oder setzten. Das steht jedem frei! Niemand kann einen daran hindern! Also: dann mach das und wenn dann lieber doch nicht, dann Ende der Diskussion! und Maul halten!

Nein, dieses Urteil ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!










(13./14.10.2018)











 ©Peter Alois Rumpf    Oktober 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


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