Mittwoch, 22. November 2017

826 Bitte einen ordentlichen Größenwahn

Ich glaub', mich rettet nurmehr Größenwahn. Ein ordentlicher Größenwahn. Ein richtiger, wenn auch heimlicher Größenwahn. Gut, vor einem wirklich aufmerksamen Beobachter wird er nicht zu verstecken sein, aber egal.
Ja, so ein richtiger Größenwahn. Vielleicht kann ich mich dann noch mit einer solchen echten Allmachtsphantasie bis zu meinem Lebensende durchtragen. Dann brauche ich noch irgendsoeine zünftige Abschlußphantasie - eine, wo ich am Schluß endlich so richtig auftrumpfe. Das als die berühmte Karotte, die man auf dem Esel sitzend diesem dummen Esel auf einem Stock mit einer Schnur befestigt vor die Nase hält, damit er auf die Karotte losmarschiert und naja, eh klar. Damit ich noch irgendwie weitertrabe. Ein bissi muß ich halt auf den eigenen Trick hereinfallen, sonst geht’s nicht. Darum brauche ich den Größenwahn. Damit ich selber glaube, ich könne mich selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen. (Sumpf, nicht Rumpf) (Mit dem Haarschopf muß ich mir noch etwas überlegen! - Glatze!)

Es ist wurscht, wenn ich's zum Schluß merke, daß ich mich habe reinlegen lassen und auf eine falsche Hoffnung gesetzt habe. Nur, daß ich mich bis dahin derschleppe.

Und auch sonst brauche ich noch eine ordentliche Portion Lebenslüge; irgendetwas, was mein Leben verklärt. Meinetwegen vom Ende her.

Vielleicht könnte ich mit der Rolle des verkannten Genies arbeiten? Naja, es muß ja nicht ein großes Genie sein. Ein kleines. Ein ganz kleines. Ein wengerl ein Genie halt, das könnte ausreichen.

Oder verkannter Künstler. Oder verkannter Philosoph – ich meine eh nur im umgangssprachlichen Sinn, keinesfalls im akademischen.
Von mir aus auch ein übersehener Theologe, wenn's unbedingt sein muß. Vor Jahren wäre ich darauf mit Begeisterung angesprungen, jetzt nicht mehr. Aber wenn es nicht anders geht, dann halt als Theologe. Kann ich damit noch einen Größenwahn aufbauen? Mit dem – lebenshistorisch gesehen – alten Käse? Und was wäre das dann für ein Abgang? Eine Himmelfahrt? Paßt überhaupt nicht zu Theologen! (Für die ist das doch bloß ein literarisches Schema.)

Irgendetwas muß ich mir einbilden können, damit ich es noch weiter schaffe. Vielleicht die Vorstellung, daß ich oder meine Schreiberei oder meine Bilder oder was auch immer nach meinem Tod „entdeckt“ werden.
Ja, das könnte gehen!
Das ist gar nicht einmal so blöd! Eigentlich ist es genial! Ja, richtig genial!

Ein bißchen müßte ich diese Illusion zu Lebzeiten füttern, daß sie mir nicht vorm Ende verhungert. Irgendwann wird man ja auch dem Esel mit der Karotte etwas zu fressen geben, damit er nicht zusammenbricht.
Wie könnte ich das anlegen, daß die Illusion aufrecht erhalten werden kann? Schwanken darf sie, aber nicht tot umfallen.

Ja, da müßte schon gehen. Wenn ich ab und zu etwas schreibe, das ich für halbwegs gelungen halten kann, dann sollte das ausreichen. Ja, das wird schon gehen! Und das Geniale daran: diese Illusion fliegt zu Lebzeiten nie auf! Der Erfolg kommt ja erst nach meinem Tod – stelle ich mir vor.

Nur sollte ich diese Illusion heimlich pflegen. Wenn ich zu viel davon rede, wird sie möglicherweise schal. Oder wenn ein Lektor oder Kritiker meine Texte liest, dann lasse ich mir vielleicht, nein, wahrscheinlich die Illusion zerstören.

Ich darf gar nicht zu viele Leser haben!










(21./22.11.2017)













©Peter Alois Rumpf    November 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

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