786 Sonst könnte ich mich erinnern
Bei aller Formulierlust, Erzählfreude oder -manie, bis hin
zur Geschwätzigkeit – wenn ich mit einer Erkenntnis konfrontiert bin, wo ich
mich deutlich sehe in meiner Unzulänglichkeit, da verstumme ich.
Entsetzen erschrickt mein Herz, mein Geist sucht einen
Ausweg und findet keinen, Scham verschließt mir den Mund.
Worauf immer in meinem Leben ich auch meinen Bewußtseinsspot
richte, wie ich es auch hin und her drehe: es starrt mich die alte, ausweglose
Gestalt des Versagens an.
Dann halte ich mich selber kaum aus.
Dann sehe ich eine hohle Figur, die nie auch nur ein
Fünkchen authentisches Leben gelebt hat.
Denn sonst könnte ich mich erinnern.
Nicht nur in der fernen Vergangenheit finde ich nichts, auch
gestern nichts, und auch nichts vor fünfzehn Minuten, als ich mit schmerzenden
Schritten aufs Klo gegangen bin.
Im Gegenteil: alles, was ich sehe, klagt mich an.
Wenn ich nicht ganz demütig – im guten, echten Sinn des
mißbrauchten Wortes – und tapfer sein werde, wird die unausweichliche
Rekapitulation am Ende meines Lebens – mit jeder einzelnen meiner
Entscheidungen, meiner Handlungen, meiner Taten und Unterlassungen von der
Zeugung bis zum dann gegenwärtigen Augenblick des Absterbens (Amen!)
konfrontiert - furchtbar sein.
Aber wenigstens habe ich dann die Chance, das alles zu
verstehen.
(13.10.2017)
©Peter Alois Rumpf Oktober 2017
peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite