Donnerstag, 12. Oktober 2017

784 Einuhrfünfzehn in der Nacht

Einuhrfünfzehn in der Nacht. Ich schaue im Zimmer umher und mein Blick fällt auf Gegenstände, die ich schon lange nicht mehr im Auge hatte. Zuerst zufällig, dann mit Absicht.

Als erstes auf ein verstaubtes rötliches Laubblatt an der Wand, und dann auf die anderen fünf, die schon etwas verblaßt sind, wie auch auf den blauen Wollknäuel, in dem eines der Blätter steckt – so wie ich ihn vor Jahren im Augarten gefunden habe.

Auf eine Spinnwebe von der Zimmerdecke zu einem Bild hoch oben an der Wand.

Auf dieses betörende Bild selbst, das meine Frau gemalt hat und ein abstraktes Schwimmbecken darstellt mit einem offenen, doppelflügigen Tor einer Garage, raumöffnend und sogerzeugend zugleich.

Auf ein berückendes Winterphoto meiner älteren Tochter, das die wunderschöne stille Stimmung eines späten Winternachmittages auf der Schipiste der heimatlichen Riesneralm wiedergibt, das sie für mich gegen die schon tief stehende Sonne durch eine Waldschneise hindurch photographiert hat.

Auf die leere Mineralwasserflasche aus der italienischen Stadt Fiuggi; eine Erinnerung an einen Tensegrityworkshop dort, von dem ich immer noch zehre.

Auf den rührenden Globus aus Papiermachee, von meiner jüngeren Tochter vor vielen Jahren für mich gebastelt, mit der Aufschrift „Die Welt gehört dir!“

Auf die „zwei Visionäre“ von Neuvalis, die mich ständig vom Fußende des Bettes her, aber von der Höhe meines CD-Regales herab mit ihren bewußtseinserweiterten Augen anstarren - auch wenn ich nicht hinschaue - und dabei freundlich lächeln.

Auf die ganz kleine, zarte, feine Farbarbeit auf Papier der slowenischen Künstlerin Jana Vizjak.

Auf mein kleines Jesusbild, von mir in meinem unbeholfenen, karikaturhaften Stil gemalt, wo Er, manieristisch verzerrt, einen modern und zeitgenössisch aussehenden Mann mit Seinen langen, leptosomen Fingern am Ohr heilt, als würde Er ihn von einer seelischen und spirituellen Schwerhörigkeit befreien.

Was ich jetzt höre, das ist das Surren in meinen Ohren; meine ständige Begleitmusik, die mich überhaupt nicht stört und die besonders in den stillen Stunden der Nacht und beim Aufwachen aus den Träumen anschwillt.










(12.10.2017)












©Peter Alois Rumpf    Oktober 2017     peteraloisrumpf@gmail.com


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