785 Quarantäne
Der neue Tag ist strahlend schön, daß mir das plötzlich
frische Herz ganz staunend aufgeht. Dennoch bleibe ich in meiner dunklen
Kammer. Zum Akklimatisieren so kurz nach Traum und Schlaf und um … … mir fällt
das Wort nicht ein.
Ein ganz geläufiges Wort. Ich kenne es seit meiner Jugend.
Teile meines Gehirns streiken oder sind einfach noch nicht da. Ich warte und
warte und suche und suche – das Wort fällt mir nicht ein. Manchmal bin ich ganz
knapp dran, gleich wird es vor mir aufplatzen, dann ist es wieder weiter weg
und ich suche unter falschen Buchstabenkombinationen.
Ah! Jetzt!: Quarantäne! Ich bin beim Übergang von Traum zur
Wirklichkeit in Quarantäne. Darum sehe ich noch über Freuds gesammelten Werken
dort oben links im Eck … - oh nein! Das ist ja die Legenda aurea des Jacobus de
Voragine! - … also dort nehme ich ein grünes Leuchten wahr. Aber nur mehr ganz
kurz.
Jedoch immer wieder, wenn ich meinen Blick von Neuem sanft
dort hin gleiten lasse.
Meine Gedächtnisschwächen, die immer häufiger und stärker
und hartnäckiger auftreten, machen mir Sorgen. Dennoch kann ich mich nicht
entschließen, damit zum Arzt zu gehen. Die Mediziner kommen mir wie autoritäre
Mechaniker und respektlose Technokraten vor – vielleicht ein Vorurteil,
gebildet aus den Erfahrungen meiner Kindheit und verstärkt in der
döbranitischen Verirrung. Aber verstehen die es wirklich, daß sich das
Bewußtsein von der Welt zurückziehen will, weil es erkennt, daß sein Träger in
der Welt verloren hat und nichts mehr zu melden? Was nützt ihm der sonnige Tag?
Die Sache ist gelaufen, was gibt es hier noch zu tun? Nichts von Bedeutung.
(12.10.2017)
©Peter Alois Rumpf Oktober 2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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