755 Mein Kleiderberg da drüben am Sessel
Mein Kleiderberg da drüben am Sessel – eher in Grautönen,
aber mit ein paar bunten Tupfern – schaut mich fast elegisch an. Vielleicht
weil er abzurutschen droht. Und meine Walkingstöcke lehnen in übertriebener
Weise an der Wandkonsole mit dem Räucherwerkzeug. Wie ich länger hinschaue
konsolidieren sich die Walkingstecken wieder und lehnen nun normal, nicht mehr
gar so schräg.
Vorhin aus dem Atelierfenster blickend habe ich in der
Morgendämmerung einen wunderschönen, verdunstenden Mond gesehen.
Das Surren in den Ohren habe ich schon gestern beschrieben;
ich konzentriere mich jetzt nicht darauf; ich will mich nicht wiederholen, aber
was ich so im oberflächlichen Hinhören mitbekomme, konzentriert sich wieder
alles links.
Dieses linkslastige Surren suggeriert oder erzeugt ein
räumliches Bild, als hätte ich rechts eine Wand und meine linke Flanke wäre
offen. Tatsächlich habe ich rechts die Zimmerwand und links den kleinen Raum
und dann die angelehnte Zimmertür. Vor Müdigkeit lasse ich meinen Kopf nach
links fallen, so, daß mein linkes Ohr fast senkrecht zum Boden „schaut“ - „fast
senkrecht“ ist übertrieben, steil nach unten ist richtiger – und der Hörraum
dreht sich einigermaßen mit. Das Surren befindet sich dadurch so halb links
unten und die dunkle Stille rechts klafft rechts schräg nach oben.
Langsam scheint der Hörraum in Bewegung zu kommen und ich
kann die Geräusche geographisch nicht mehr eindeutig zuordnen. Was bleibt, ist,
daß der Schwerpunkt des Surrens vorm oder am linken Ohr liegt. Nun verlagert es
sich ein wenig Richtung Hinterkopf. Ich versuche, ob es mir gelingt, das Surren
nach rechts zu manövrieren; durch meinen Kopf hindurch, beim linken Ohr rein und
beim rechten Ohr wieder raus. Ein paar Prozent vom Surren scheinen jetzt
tatsächlich nach rechts gewandert zu sein, aber eher um den Hinterkopf herum.
Mein Empfinden dafür, wo das sich rechte Ohr befindet, scheint jedoch auch
weiter nach rechts gezogen worden zu sein, sodaß ich mein Ohr einen Dezimeter
weiter rechts fühle, als es in Wirklichkeit ist.
Jetzt fliege ich aus dem Spiel raus und es heißt: zurück an
den Anfang. Das Epizentrum des Surrens schwebt wieder eindeutig beim linken Ohr (an
dem der Hals-Nasen-Ohrenarzt eindeutige Gehörschäden aus Lärmbelastung
(Callcenter!) festgestellt hat). Am rechten Ohr schwebt lediglich ein dumpfes,
tiefes, fast unhörbares, mehr gefühltes als gehörtes, aber nicht
unsympathisches Summen. Das schrille Surren kulminiert eindeutig links. Wieder
verschiebt sich der Hörraum etwas, aber ich will dem jetzt nicht nachgehen; ich
bin noch zu müde, ich werde noch ein wenig zu schlafen versuchen.
(8.9.2017)
©Peter
Alois Rumpf September 2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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