612 Ein Verlegenheitssatz
Nie reicht es aus. Das ist ein Verlegenheitssatz, der hier
und jetzt nichts zu sagen hat. Vielleicht drückt er eine Stimmung oder eine
Grundhaltung oder eine habituelle Gewohnheit aus, mehr nicht. Ich hätte auch
„Ich bin nicht krank genug“ schreiben können. Oder nicht gut genug, oder nicht
stark genug, nicht kaputt genug, schön genug, schirch genug, alt genug, reich
genug, arm genug, fromm genug, verdorben genug, mutig genug … es läuft alles
aufs Gleiche hinaus.
(So, jetzt, wo ich das in den Computer tippe, wollte ich das
Schreiben unterbrechen, um den Text noch ein bißchen zu meditieren, weil ich
mit ihm noch nicht zufrieden bin. Ich meine, soo streng bin ich eh nicht;
schließlich habe ja schon mehrmals betont, daß alle halbwegs fertigen
Texte auf die Schublade kommen, weil es wirklich meine Schublade für meine
Schreiberei ist und mir ist dazu eingefallen, ich könnte die
Blumenkisterln frühlingsbereit machen, indem ich die als Frostschutz gedachten
darüber gelegten abgestorbenen Pflanzen entferne, damit sie die aufkeimenden
Sprößlinge nicht ersticken. Aber das geht nicht, aus Gründen, die mir zu
kompliziert sind, sie zu erklären. (Also auf dem Fensterbrett hat eine Tochter
eine filigrane Arbeit zum Trocknen hingelegt, die ich – so denke ich – besser
einfach liegenlasse.) Ich steige um auf ein
Frühstück als Meditation und zur Stärkung meiner momentan schwachen Konstitution.)
So, jetzt bin ich im Wirbel! Sagt er doch etwas aus, dieser
aus Verlegenheit hingeschriebene Satz da oben, ohne vorher darüber nachgedacht
zu haben, einfach so, wie er mir gerade eingefallen ist, notiert?
Genau genommen war der zweite Satz der erste und der erste
der zweite. Ich habe beide durchgestrichen, weil mir vorallem der erste „ich
bin nicht krank genug“ überheblich, arrogant und gefühllos den Schwerkranken
gegenüber vorgekommen ist. Ich weiß schon, was ich damit gemeint habe, und daß
er mit meinen Schuldgefühlen zu tun hat, aber angemessen ist er nicht.
Übrigens: das Spiel funktioniert auch umgekehrt: zu krank, zu gesund, zu alt, zu schirch, zu schön (?), zu starr, zu kaputt, zu reich, zu arm, zu fromm, zu verdorben, zu feig, zu ... es hat das alles nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
Übrigens: das Spiel funktioniert auch umgekehrt: zu krank, zu gesund, zu alt, zu schirch, zu schön (?), zu starr, zu kaputt, zu reich, zu arm, zu fromm, zu verdorben, zu feig, zu ... es hat das alles nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
28.2./1.3.2017)
©Peter Alois Rumpf März
2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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