Freitag, 23. Dezember 2016

545 Ein blöder Text

Traumverwirrt aufgewacht kann ich, indem ich mit niemandem spreche, meine Erinnerung an den Traum noch eine halbe Stunde halten und das meiste aufschreiben. Nach Beendigung der Niederschrift lasse ich den Traum los, aber er bleibt noch ein wenig da.

Den Traum aufzuschreiben war genau betrachtet eine seelische und geistige Anstrengung; nämlich die Balance zu halten zwischen einerseits dem Aufbau von Alltagsrationalität und Denken um schreiben zu können, aber andererseits nicht so scharf und stark, daß dabei die Reste des Traumbewußtseins und damit die Traumerinnerung verloren gehen. Wach genug sein und gleichzeitig noch in den Traumgefühlen zittern.

Jetzt rutsche ich wieder mehr ins Traumbewußtsein zurück, jedoch bei schwarzer Traumkinoleinwand vor meinem inneren Auge.

Meine Konzentration löst sich auf. Und noch etwas, das ich vergessen habe.

Ein zu einer festeren Masse erstarrtes Leuchten um meine Hände beginnt hin und her zu rutschen in einem zwanghaften, armseligen Tanz.

Keine Zahl, wieder keine Zahl.

Wegen dem abgestandenen Weihrauchgeruch in meinem Zimmer befürchte ich – in phantastische Gedankenläufe abgerutscht – eine Drogenrazzia bei mir. Aha, der uralte und schon fad gewordene Ich-werde-unschuldig-verfolgt-Mythos; der scheint tief in mir verankert zu sein; hat sich festgekrallt. Interessant, daß ich mir dabei trotzdem schuldig vorkomme. Als ginge es darum, mir selber meine Unschuld laut vorzusagen. Damit ich es weiß.
Ja, ja, viele Therapeuten kommen aus zu feinen Familien.

Mit dem Kopf am Polster angewachsen strecke ich meinen Leib – wie die Seeanemone ihre Fangarme – ins Traumgewässer, das mich umgibt.

Wenn wir die hölzernen Kochlöffel mit meinem Namen markieren, oder mit ML, dann kann der Büttel der Hygienekommission nicht gegen uns vorgehen. (Gehört auch zum obigen „Mythos“)

Auch der diesseitige Arzt sagt, meine Stimme ist nicht voll entfaltet, sondern blockiert. Ich denke, es ist schon zu spät. „Ich erhebe meine Stimme.“ In der Versammlung der Freien steht man (!) auf und spricht und die anderen Freien hören zu und die Stimme zählt.




(22.12.2016)










©Peter Alois Rumpf     Dezember 2016     peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite