545 Ein blöder Text
Traumverwirrt aufgewacht kann ich, indem ich mit niemandem
spreche, meine Erinnerung an den Traum noch eine halbe Stunde halten und das
meiste aufschreiben. Nach Beendigung der Niederschrift lasse ich den Traum los,
aber er bleibt noch ein wenig da.
Den Traum aufzuschreiben war genau betrachtet eine seelische
und geistige Anstrengung; nämlich die Balance zu halten zwischen einerseits dem
Aufbau von Alltagsrationalität und Denken um schreiben zu können, aber
andererseits nicht so scharf und stark, daß dabei die Reste des
Traumbewußtseins und damit die Traumerinnerung verloren gehen. Wach genug sein
und gleichzeitig noch in den Traumgefühlen zittern.
Jetzt rutsche ich wieder mehr ins Traumbewußtsein zurück,
jedoch bei schwarzer Traumkinoleinwand vor meinem inneren Auge.
Meine Konzentration löst sich auf. Und noch etwas, das ich
vergessen habe.
Ein zu einer festeren Masse erstarrtes Leuchten um meine
Hände beginnt hin und her zu rutschen in einem zwanghaften, armseligen Tanz.
Keine Zahl, wieder keine Zahl.
Wegen dem abgestandenen Weihrauchgeruch in meinem Zimmer
befürchte ich – in phantastische Gedankenläufe abgerutscht – eine Drogenrazzia
bei mir. Aha, der uralte und schon fad gewordene
Ich-werde-unschuldig-verfolgt-Mythos; der scheint tief in mir verankert zu
sein; hat sich festgekrallt. Interessant, daß ich mir dabei trotzdem schuldig vorkomme. Als ginge es darum, mir selber meine Unschuld laut
vorzusagen. Damit ich es weiß.
Ja, ja, viele Therapeuten kommen aus zu feinen Familien.
Mit dem Kopf am Polster angewachsen strecke ich meinen Leib
– wie die Seeanemone ihre Fangarme – ins Traumgewässer, das mich umgibt.
Wenn wir die hölzernen Kochlöffel mit meinem Namen
markieren, oder mit ML, dann kann der Büttel der Hygienekommission nicht gegen
uns vorgehen. (Gehört auch zum obigen „Mythos“)
Auch der diesseitige Arzt sagt, meine Stimme ist nicht voll
entfaltet, sondern blockiert. Ich denke, es ist schon zu spät. „Ich erhebe
meine Stimme.“ In der Versammlung der Freien steht man (!) auf und spricht und
die anderen Freien hören zu und die Stimme zählt.
(22.12.2016)
©Peter Alois Rumpf Dezember
2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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