Donnerstag, 15. Dezember 2016

537 Meine Altarwand

Der Jesus, der so streng dreinschaut; rechts darunter der Jesus, der lächelt. Oben Mitte rechts das leere Grab und der jubelnde Engel - eine bunte, strahlende Kinderzeichnung meiner jüngeren Tochter für mich. Das erste übrigens ist ein kleines Photo einer Ikone, das zweite eines von einem Weinfaßrelief aus Heiligenkreuz. Ein unbekanntes Gesicht, nur in Resten erhalten – Virgilkapelle. Ein Schutzengel (Ikonenreproduktion). Eine kleine, wunderschöne, abstrakte Arbeit der frommen Künstlerin Jana Vizjak in einem halbwegs ordentlichen Glasrahmen.

Ganz oben, unmittelbar unter dem Plafond, so eine Art Jesusbild, noch von mir gemalt, als Heiler dargestellt, aber schon fast karikaturhaft, wie es halt so meine Art war (oder Un-Art). Weiter herunten, noch über der „Ikonostase“, also der Fläche mit den dicht nebeneinander hängenden Bildern, eine Reihe getrockneter Blätter, einfach an die Wand gepinnt.

Die weiteren Bilder darunter sind: eine innige Zeichnung einer Kirchenszene (Heilige Messe) meiner älteren Tochter, als sie noch jünger war, extra für mich. Ein Porträt von meiner jüngeren Tochter, als sie noch sehr klein war, das mich darstellt, unrasiert. So eine Art Fußballemblem, ebenfalls ein Geschenk meiner Kinder, wie es auch ein gemalter Apfel ist.  - Ich habe meinen Töchtern immer gesagt, ich freue mich über Zeichnungen und Bilder oder Basteleien von ihnen; sie können mir immer solche selbstgemachten Bilder schenken, ob zu Weihnachten, zum Geburtstag oder Vatertag, darum gibt es noch mehr davon auf meiner „Altarwand“. Dann auch unser Hochzeitsphoto aus dem Gasthaus. Ein kleines Heiligenbild der Maria Magdalena und eines der Teresa von Avila. Eine einfach an die Wand getackerte Kopie eines Photos der Grabplatte Johannes Taulers, weil ich über seine Himmelfahrtspredigten meine Diplomarbeit geschrieben habe (Grab - Himmelfahrt: ein unauffälliger Widerspruch in sich) - ja, das ist wirklich mein Thema. Ein kleines Bild einer Marienikone aus Jerusalem, das mir jemand vom russisch-orthodoxen Kirchenchor von einer Israelreise mitgebracht hat, als ich noch im Chor mitgesungen habe, es stellt die Gottesmutter mit dem Jesuskind dar. (Für döbranitische Leser und Innen betone ich nochmals: mit dem Kind!) Ein Bild eines Kreuzemblems aus der unterirdischen Wiener Virgilkapelle. Eine glückverheißende Geburtstagskarte der Lieblingstante meiner Kindheit zu meinem Sechziger. Die Einladungskarte zu einer Theateraufführung, an der meine ältere Tochter mitgewirkt hat.

Auf einer kleinen Konsole – diese ist auch eine Bastelarbeit meiner Kinder – sind hinter einem kleinen Standräucherfäßchen ein paar Steinchen übereinandergeschlichtet, die ich irgendwo gefunden habe. Darunter auf einer größeren Wandkonsole eine Räuchervorrichtung mit Teelicht. An der Seite dieser Konsole ist ein Nagel eingeschlagen, an dem ein kleines, traditionelles Räuchergefäß hängt, eines, das man richtig hin und her schwingen kann. An diesem Wandbrett lehnen noch meine Walkingstecken (für deutsche LeserInnen: -stöcke). Darunter steht der Sessel (für deutsche LeserInnen: Stuhl), auf dem ich mein Gewand, das ich in Benutzung habe, des nachts ablege.

So ungefähr schaut meine Hausaltarwand aus. Ich weiß nicht, wie die auf außenstehende Betrachter-Innen wirkt, ob diese Altarwand fromm oder unverschämt ausschaut; mir kommt sie trotz meines lockeren, legeren Umgangs frömmer und christlicher vor, als ich es bin. Aber ich kann nur sagen, immer wenn ich im Bett liege und diese Wand anschaue, freue ich mich über sie, auch wenn ich manchmal innerlich über die leichte Absurdität dieser Zusammenstellung lachen muß. Meine Frau macht sich gern ein wenig lustig darüber, daß ich so viel Spaß mit mir selber und meinen Taten und Gedanken habe. Gell, sie hat nicht unrecht, aber mir verschafft das Erleichterung.

Ja, ich freue mich wirklich über meine Altarwand. Ich weide meine Augen auf ihr, und ich freue mich schon, wenn ich wieder mein Räucherzeugs voll anwerfen kann. Ich habe Weihrauch in verschiedenen „Geschmacks“richtungen und Mischungen.





(14./15.12.2016)















©Peter Alois Rumpf     Dezember 2016     peteraloisrumpf@gmail.com

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