534 Wir liefern heute keine Begründungen
Welche Unruhe die Katze ins Zimmer bringt mit ihrem
ständigen Hin- und Herwuseln.
Wie arm Freund R ist, weil er … Keine Begründungen! Wir liefern
heute keine Begründungen!
Die Schritte über die Stiege hallen ganz leicht in meinem
Kopf wider; ich spüre sie wie sanfte Trommelschläge an der Innenseite meiner
Schädeldecke, kaum mehr als ein Hauch davon.
Keine Begründungen deshalb, weil sie meistens
Rationalisierungen sind (wird behauptet) (1).
Die Stimmung im Zimmer ist jetzt entspannter, weil sich die
Katze beruhigt und am kleinen Teppich ausgestreckt hat (2).
Ich bin mehr der kontemplative Typ, weil ich mich lieber den
Herausforderungen von innen als denen von außen stelle (3).
Wie schön die Katze daliegt. Aber jetzt, in diesem Moment,
steht sie auf und verläßt mein Zimmer.
Die Stimmen vom Frühstückstisch kommen bis hierher, aber
ohne daß ich sie verstehen kann. Sie verbreiten hier ihre Stimmung und geben
mir das Gefühl, gleichzeitig dabei und nicht dabei zu sein. (Vielleicht, weil
ich sie höre, aber nicht verstehe (4)).
Die Katze kommt wieder herein und beginnt wieder mit ihrem
unruhigen Gewusel.
Jemand rutscht auf der Stiege aus und das löst bei mir einen
kleinen Schock aus, den ich in der Herzgegend spüre. Aber es ist überhaupt
nichts passiert.
Die Katze beruhigt sich halbwegs.
Draußen entsteht Unruhe, denn es wird Zeit, den Weg zur
Schule anzutreten (5).
Man muß sich von etwas nicht beeindrucken lassen, nur weil
es einen wissenschaftlichen Namen hat.
Unten beginnt der Umbau zur Tageskinderstätte, wie ich höre.
Ich bin sicher nicht das Zentrum der Welt. Aber das macht
nichts; die meiste Zeit habe ich mich damit abgefunden.
Die andere Katze kommt, die ältere; sie strahlt viel mehr
Ruhe aus, obwohl auch sie unnachgiebig meine Aufmerksamkeit einfordert.
Ich stelle an mir eine große Empfindlichkeit, was Advent-
und Weihnachtsfeiern betrifft, fest. Ich kann es einfach nicht verstehen, wie
man daraus Partys und bloße Familienfeste machen kann und nicht das
Hereinkommen des Transzendenten in diese unsere Welt – wie es eigentlich bei
jeder Geburt geschieht – feiern kann und vorher das freudige Warten darauf.
Möglicherweise gehörte ich in ein Kloster. Die ersten Tageskinder unten, die
gerade ankommen, bringen mich wieder auf andere Gedanken.
Ich bin schon hungrig. Ungewöhnlich um acht Uhr früh, weil
ich normalerweise erst gegen Mittag frühstücke (6).
Ich amüsiere mich gerade über meinen „Hausaltar“ mit seinen drei verschiedenen Räucherungsvorrichtungen.
Vielleicht ist meine ganzes Weihnachtsgetue doch nur
fundamentalistischer Mist, weil ich das sowieso überall anwesende
„Transzendente“ (oder Nagual) nicht wahrnehmen kann (8).
Ich werde unten die Scheibtruhen und Dreiradler schmieren;
sie quietschen schon erbärmlich. Erbarmen mit Dingen. Ich entschuldige mich ja
auch manchmal bei Dingen, wenn sie mir zu Boden fallen zum Beispiel, so wie
heute beim Ankleiden bei meiner langen Unterhose. „Thingsliberation“ fällt mir
dazu ein, „denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden
der Söhne Gottes. (…) Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und
Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.
Denn wir wissen, daß die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in
Geburtswehen liegt“ (9). Das sagt Paulus (Röm 8;19,21,22), den ich überhaupt
nicht mag. (Der wird sich im Grab umdrehen, wenn ich ihn mit den Verrückten der
Zeitschrift „Humus“ aus den späten Siebzigern, den frühen Achtzigern
zusammenspanne!) (Aber ich liebe es, abstruse Zusammenhänge herzustellen, um
ebensolche aufzudecken (10?)) (Ist das eine Begründung? Eher nicht. Ich zähl's
trotzdem!) (Weil ich in meinen Texten ja völlige Freiheit habe, zu
schreiben und zu zählen, was und wie ich will! (11)).
Ich bin hungrig. Sollte ich wirklich schon jetzt
frühstücken? Dann wird es mit dem Üben heute schwer, weil mit vollen Bauch …
(12).
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 8 – 9 – 10 – 11 – 12. Zwölf
Begründungen. Das ergibt heute ein Bußgeld von zwölf Euro.
Ich werde mir jetzt unten eine schönen Auftritt gönnen!
(13.12.2016)
©Peter Alois Rumpf
Dezember 2016
peteraloisrumpf@gmail.com
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