Montag, 12. Dezember 2016

532 Kleine Bibelstunde

Wenn ich im Dunkeln gegen den Plafond starre, wirkt er nicht wie eine Zimmerdecke, nicht glatt und gerade, nicht viereckig, sondern wie eine Höhle mit vielen unregelmäßigen Strukturen und Unebenheiten. Wülste sind erkennbar und Fasern und Stränge, die teilweise nach unten hängen. Allerdings schaut das mehr wie eine lebendige Höhle aus, denn diese Strukturen und Stränge bewegen sich und wirken nicht hart, sondern weich. Wenn ich konzentriert hinschaue – sie bewegen sich eigentlich nicht; es ist eher ein Flimmern, das diesen Eindruck erzeugt; und das ist am Rande meines Gesichtsfeldes stärker. Ein Flimmern und Pulsieren, wie Wellen, die durch meine Wahrnehmung laufen, jedoch mehr spürbar als sichtbar.

Sozusagen das Innere eines Wales, fällt mir ein, des Wales vom Propheten Jonas selbstverständlich. Ich bin neugierig, wo mich der ausspucken wird. Der Auftrag an mich war ja nicht so klar wie bei Jonas. Zumindest mir nicht – wo predigen, was predigen, wie predigen. Ja, Umkehr! Gut! Aber wer soll wohin umkehren? Ich kenne mich ja selber nicht aus!

Die Geschichte von Jonas ist ja wirklich erstaunlich. Zuerst scheißt er sich an vor Angst, den Auftrag Gottes auszuführen, will nach Tarschisch, also nach Spanien flüchten, das Schiff gerät in einen gefährlichen Sturm, der sich erst beruhigt, als die Schiffsbesatzung den Jonas von Bord schmeißt – nicht ohne sich bei ihm und seinem Gott zwanzigmal zu entschuldigen. Dann schluckt ihn der Wal, spuckt ihn wieder an der Küste aus und jetzt kommt er nicht aus und macht halt, was Gott ihm angeschafft hat:  er geht nach Ninive und als er dort angekommen ist, geht er durch die Stadt und ruft „Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!“ Und wirklich, die Leute hören auf ihn und kehren um und fasten und bereuen ihre Sünden. Damit ist der angedrohte Untergang der Stadt hinfällig und Gott zieht seine Androhung zurück. Jonas aber traut weder sich, noch den Leuten, weder Gott, noch dem Frieden und steigt auf einen Hügel, um sich aus sicherer Entfernung den Untergang der Stadt anzuschauen. Das will er sich geben.
Kann ich gut verstehen. Und dann muß ich lachen – der Jonas ist auf Gott beleidigt, weil er, Jonas, den Untergang der Stadt verkündet hat, der jetzt jedoch nicht stattfindet. „Wie steh' ich als Prophet blöd da!?“ denkt er sich. Da muß ich immer lachen. So ein eitler, narzisstischer Geck! Die Leute sind ihm wurscht. Er hat nicht einmal bemerkt, welche Wirkung sein Auftritt hatte, was er da ausgelöst hat. Naja, ich kann mir das schon denken, er hatte eine horrende Angst, daß ihn die Leute lynchen und hatte dadurch überhaupt nichts mitbekommen. Ich kann ihn ja so gut verstehen, aber eitel sind wir schon auch!

Ich muß immer wieder lachen! Jonas baut sich einen Sonnenschirm aus Zweigen und sitzt dort gemütlich und wartet auf den Untergang der Stadt und schmollt, als nichts weitergeht. Er erklärt jetzt Gott, daß er ja gerade deswegen nach Spanien flüchten wollte, weil er eh gewußt hat, daß er, Gott, das nicht machen werde! Der gute Jonas fällt in eine regelrechte Depression und bittet Gott, daß er ihm das Leben nehmen möge, „denn es ist für mich besser zu sterben als zu leben.“ Gott läßt zuerst einen Strauch wachsen, der Jonas Schatten spendet und am nächsten Tag gleich wieder verdorren, sodaß ihm die Sonne (bei mir scheint gerade der Mond) ordentlich auf die Glatze brennt, daß er fast ohnmächtig wird und erst recht zornig auf Gott und … Moment! Moment! Woher willst du wissen, daß der Jonas eine Glatze hatte? Schließe nicht von dir auf andere!

Also ich würde es so machen …

Nein, reden wir von was anderem. Es ist immer wieder schön und erhebend, den Sternenhimmel zu betrachten …

Ich meine …

Also ich würde zuerst einmal in die Literatur flüchten. Da muß man nicht alles so direkt sagen wie ein Prophet („In vierzig Tage ist die Stadt zerstört!“), kann sich in Wortspiele und Sprachspielereien flüchten, kann, aber muß nicht veröffentlichen. Man kann dann auch sozusagen für die Schublade schreiben und den ganze Aufwand der Nachwelt überlassen. Die Verantwortung sozusagen wieder den Göttern zuschieben – sie sollen sich darum kümmern, daß das nicht verloren geht, wenn sie meinen, das sollte erhalten bleiben. Und man kann dann über das direkte Aussprechen, Ansprechen und das „Predigen“ ein wenig die Nase rümpfen (im wahrsten Sinn des Wortes!)

Gut, man hat ja auch seine Erfahrungen mit dem Fanatismus gemacht. Mit dem eigenen, meine ich. Da wird man halt vorsichtig. Man weiß nicht mehr, was himmlischer Auftrag, was Eingebildetes ist.
Obwohl: einbilden – ein Bild kommt herein –  wäre das nicht schön? Aber welche sind die echten, und welche sind die vom Ego? Außerdem ist die Welt heute so komplex! Wenn ich durch Wien ginge und schriee „Kehrt um! Der Untergang ist nah!“ - weiß dann irgendwer, was mit Umkehr gemeint ist? Also ich nicht!
Außerdem ist es heute überall laut. Ich bräuchte einen Lautsprecherwagen. Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Ich hab's! Ich kann ja gar nicht Autofahren, ich habe ja keinen Führerschein! Die Sache ist erledigt! Melde zurück: kein Führerschein! Bitte einen anderen Auftrag!

Ah ja, und Gott sagte noch zu Jonas, „Mir aber sollte nicht leid sein um Ninive, die große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen leben, die nicht einmal rechts und links unterscheiden können – und außerdem so viel Vieh?“





(10./11.12.2016)


















©Peter Alois Rumpf     Dezember 2016     peteraloisrumpf@gmail.com

1 Kommentare:

Am/um 16. Mai 2019 um 13:25 , Blogger Alice Foster meinte...

Mein Name ist Dr. Ogbidi, ich wurde in einem kleinen Dorf in Afrika geboren, ein würdiger Sohn von Meister Kebbi. Mein Vater hat mir das heilige Geschenk unserer Familie anvertraut, bevor er starb. Seit meinem zehnten Lebensjahr habe ich mich täglich der Erfüllung meiner Pflichten und der Hilfe für alle gewidmet, die zu mir kommen. Aus diesem Grund verstärken meine mächtigen Köpfe mit der Erlaubnis meiner Vorfahren meine Begabung für die des "Heiligen Führers". Deshalb musste ich außerhalb Afrikas und darüber hinaus reisen, um mein Geschenk in den Dienst der Bedürftigen zu stellen. Für den Fall, dass Sie meine Hilfe in folgenden Bereichen benötigen: Liebeszauber, Schwangerschaft und jede andere Art von Hilfe, zögern Sie nicht, mich per E-Mail an ogbidihomeofsolution1@gmail.com oder telefonisch unter / whatsapp zu kontaktieren: +2348052523829
Bis ich endlich meine Pflicht und mein Schicksal erfülle.

 

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