520 Türike
Türike heißt gar nichts. Es schaut ein wenig wie Türkisch
und Türkçe aus, beziehungsweise nach einer türkischen Friederike; Tür und
Türklinke klingen auch noch an, aber es heißt gar nichts. Leider.
Im Traum war ich wieder auf Reisen. Ich habe alle
Fahrkarten, Visa, und sonstigen notwendigen Zetteln bei mir, aber meine
Brieftasche und mein Kartenetui zerfallen mir bei lebendigem Leib, so daß
wieder die Gefahr besteht, daß ich alles verliere und auf der Reise in größte
Schwierigkeiten komme. Kann man halt nichts machen!
Vorgestern Abend hatte ich Durchfall, gestern in der Früh
war mir dazu auch noch ganz schlecht und gestern Abend war alles wieder okay
und nur mehr ein leiser Nachklang der Übelkeit da. Naja, wen interessiert das.
Also ich verstehe weder das erste, nicht das zweite, noch das
dritte. Vielleicht sind die Welt und all ihre Erscheinungen, die sichtbaren wie
die unsichtbaren, gar nicht verstehbar? Das klingt ein bißchen nach Größenwahn,
zu glauben, daß die Welt nicht erkennbar sei und ihr keine immanente Ordnung
innewohne, nur weil der eigene, beschränkte Verstand nicht zum Verstehen
ausreicht.
Gut. Wenden wir uns wieder einem anderen Thema zu.
Ich lese in der heutigen Sonntagszeitung einen Bericht über
ein Spital in der Steiermark, in dem auch sein ärztlicher Leiter zu Wort kommt.
Der war am Gymnasium mein Klassenkollege. Jetzt scheint er ein gefragter Mann
zu sein, denn als ich im Chor einmal einen Termin wegen Rückenprobleme absagen
mußte, haben mir die russischen (nicht unbedingt russländischen) Mitglieder des
Chores diesen Arzt als Spezialisten empfohlen. Wobei sie sich über das
Bundesland, wo er ordiniert, nicht sicher waren und Salzburg vermutet haben.
Auch dieser Irrtum paßt. Also dieser Schulkollege hat jetzt als Arzt einen
internationalen Ruf.
Eine Szene mit ihm aus meiner Schulzeit ist mir noch genau
in Erinnerung, wie eingebrannt. Es muß noch in der Unterstufe gewesen sein.
Mein Kollege Arzt in spe wird vom Professor geprüft. Der Professor war ein
bekennender Darwinist mit der damit oft einhergehenden ideologischen
Engführung. Naturwissenschaftlich verbrämtes ideologisches Weltbild. Der
Professor war ein Weiberer, trug einen Leninbart, aber ich habe ihn eher in der
anderen Ecke des politischen Spektrums vermutet. Um es zu verdeutlichen: unsere
Frau Professor Klassenvorstand hatte einmal gesundheitliche Probleme und war
längere Zeit wegen einer Operation im Krankenstand. Das brachte unseren
darwinistischen Professor dazu, in unserer Klasse zu verkünden, daß mit solchen
Eingriffen die Auslese verfälscht werde und unsere Gesellschaft deswegen immer
mehr degeneriere. Es hat das etwas vorsichtiger formuliert, aber das war seine
Aussage. Und er hat dezidiert gesagt, daß früher – als die Zeiten noch nicht so
dekadent waren (das ist jetzt meine Einfügung, aber ich bin sicher, daß er das
so gemeint hat) – diese Frau nicht überlebt hätte.
Dieser große Naturwissenschaftler und großartige Selektor
hat also den Schüler geprüft, und der Schüler – sichtlich ein wenig nervös,
aber nicht mehr, als es in solchen Institutionen damals üblich – antwortet auf
die Frage des Professors – bezüglich seiner Antwort nicht ganz sicher - “Könnte
das nicht das XY sein?” Die Antwort war richtig, aber der Professor beharrt in
aggressivem Tonfall: “Ist es das XY oder ist es das nicht!?”
Das “könnte” wurde als Antwort nicht geduldet. Männer dürfen
nie und zu keinem Augenblick unsicher sein! Das verstößt gegen die Gesetze der
Auslese! Solche Typen gehören “ausgelest”, aussortiert, selektiert. (Warum läßt
man dann die Auslese nie selber machen?) Das war jedenfalls die Botschaft, die
ich verstanden habe und die sich in mir eingebrannt hat.
Nun, unser Schulfreund hat das - wie es ausschaut - gut verkraftet;
ich weiß auch nicht, wie sein familiärer Background war (wir waren eine
Fahrschülerschule und viele wohnten recht weit voneinander entfernt), ob seine
Eltern Akademiker waren oder sonst eine gute gesellschaftliche Stellung hatten
oder wie sehr sie hinter ihrem Sohn gestanden sind.
Mir allerdings, der ich viel, viel unsicherer war als mein
Kollege damals, ist diese Professorenaussage tief in meine ungeschützte Seele gefahren
und ihre Botschaft lautete: solche wie du gehören weg! Noch dazu, wo auch bei
mir zu Hause ein ähnlicher Wind geweht hat. Das habe ich so erlebt.
Es hat mit diesem Professor noch mehrere ähnliche Szenen
gegeben; diese war kein Einzelfall.
Und noch etwas: Auffällig ist, daß diese großartigen
Darwinisten und Darwinistinnen ihre verkündeten Auslesekriterien kaum auf sich
selber anwenden. Punkt. Amen.
(27.11.2016)
©Peter
Alois Rumpf November 2016
peteraloisrumpf@gmail.com
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