514 Vor Mitternacht
Vor Mitternacht. Es ist vor Mitternacht und ich liege schon
im Bett. Wie ungewöhnlich! (Und wie uninteressant! Liebe Leserin, lieber Leser,
vergiß nicht, ich schreibe zu meiner Rettung.)
Die Zähne presse ich wieder zu fest aufeinander. Obwohl es
still und ruhig ist – ich merke, es gibt Spannungen in mir, die mir schon
längst nicht mehr auffallen, so chronisch und selbstverständlich sind sie.
„Armes Kind!“, sage ich zu meinem inneren Kind, „noch immer
so viel Angst und Zusammenreißen. Noch immer: nichts anmerken lassen! Noch
immer: meine Umgebung würde es nicht aushalten.“
Doch! Ich atme tief. Es löst sich etwas. Mit dem Aushauch
strömen auch verkrusteter Schmerz und abgelagerte Angst mit. Ein wenig. Ein
klein wenig. (Man ist ja bescheiden! Oder?) Ich spüre es hinter den Augen.
Ich lächle leicht verwirrt vor mich hin. Ich will mir
vorstellen, wie das ausschaut, wenn ich gerettet bin. Ich kann es mir nicht
vorstellen.
Also ist alles gut? Ja. Es ist alles gut.
(22./23.11.2016)
©Peter Alois Rumpf November
2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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