511 Sinabelkirchen
(Aus einem Traum erschreckt aufgewacht. Er hatte mit meiner
Heimat zu tun; die Menschen dort waren uns feindlich gesonnen. Ich zittere
noch, innen und außen. Und schlecht ist mir! Das Ganze sitzt mir noch als Kloß
im Hals und als Druck im Bauch. Wie in Umklammerung hält mich diese Stimmung
gefangen.)
Ich verzettel mich, obwohl ich meine Bemerkungen in fest
gebundene Notizbücher schreibe. Ich verzettel mich. Tausend verschiedene
Sehnsüchte zerren an mir, lassen mich herumtaumeln und keinen Weg zu Ende
gehen. So komme ich nirgends an, obwohl alle Wege nach Rom führen. Oder nach
Sinabelkirchen.
Nun, diese Attitüde ist lächerlich, denn wo ich sicher
hingelangen werde ist in ein Grab. Ob im Sarg, oder in der Urne, ob biologisch
abbaubar oder ausgestreut in die Enns in der Nähe von Trautenfels, auf ungefähr
halber Strecke vom Schwarzen Weg bei Stainach zur Trautenfelser Ennsbrücke,
direkt gegenüber dem Steirischen Wenzel, an der Stelle, wo ich, den mächtigen
Grimming zur Linken und die Weite des Ennstales hier um mich, im weiten Kreis
eingekränzt von den umliegenden Bergen, in schönem Abstand, wo ich oft zur
Sandbank hinuntergestiegen bin am Ufer der Enns und öfters alle Kräfte und
Mächte angerufen habe um Lebensglück. Also egal wo – in einem Grab, eng oder
weit, werde ich landen.
Was aber wird meine Seele tun? Weitertaumeln? In mehrere
Komponenten zerfallen, bis sie alle meine Sehnsüchte und Träume abgeklappert
hat? Sich auflösen? Schnell oder erst in Jahrhunderten?
Jedenfalls – so glaube und hoffe ich ganz fest – wird sie
alles sehen. Mein ganzes Leben wird an ihr vorbeiziehen; sie wird die Chance haben, es ohne
Scheuklappen anzuschauen. Alles, was ich erinnern kann, und alles, was ich
übersehen, vergessen oder verdrängt habe. Ich hoffe wirklich, daß ich dann im
Sterben die Rekapitulation meines Lebens noch wach, gefaßt und bewußt erleben
kann, und nicht bei der ersten aufgedeckten Lebenslüge gleich auszucke und das
Handtuch werfe und aufgebe, mich nicht gleich ängstlich und verzagt wie im irdischen
Leben in die Dunkelheit fallen lasse. Denn nur dann werde ich alles verstehen. Meine erste, kleine Begegnung mit denen da drüben, wo ich diese Mächte und Gewalten schlotternd vor Angst und mit fast ganz abgewürgter Stimme angebrüllt habe (vgl. Nr 84 hier in der Schublade), gibt mir eine gewisse Zuversicht.
(21.11.2016)
©Peter Alois Rumpf
November 2016
peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite